Station 2

Das Öde Haus / Konditorei Fuchs, Unter den Linden 9

Unbekannter Künstler: „Panorama der Straße Unter den Linden, südl. u. nördl. Seite (Lindenrolle)“, zwischen 1820 und 1825. Ansicht: Südseite, zwischen Hausnr. 4 und 12. Litographie auf Papier, Kaspel: H: 11,00 cm, B: 9,50 cm, Blatt: 9,7 x 777,2 cm. Inv.Nr.: GDR 82/69. © Stiftung Stadtmuseum Berlin. Reproduktion: Matthias Holfeld, Berlin
Schon oft war ich die Allee
durchwandelt, als mir eines
Tages plötzlich ein Haus ins Auge
fiel, das auf ganz wunderliche
seltsame Weise von allen
übrigen abstach.
Denkt euch ein niedriges,
vier Fenster breites, von zwei
hohen schönen Gebäuden
eingeklemmtes Haus,
dessen Stock über dem
Erdgeschoß nur wenig über
die Fenster im Erdgeschoß des
nachbarlichen Hauses hervorragt,
dessen schlecht verwahrtes
Dach, dessen zum Teil mit
Papier verklebte Fenster, dessen
farblose Mauern von gänzlicher
Verwahrlosung des Eigentümers
zeugen. Eine wunderliche
Erscheinung.

E.T.A. Hoffmann: Das Öde Haus

E.T.A. Hoffmann: Karikierende Darstellung. Spaziergänger auf der Straße Unter den Linden in Berlin. 1799. Aus: Bogdan Krieger. Berlin im Wandel der Zeiten, Berlin 1924, S. 191

Dem einst am Standort der heutigen Russischen Botschaft gelegenen Haus mit der Nummer 9 setzte E.T.A. Hoffmann ein literarisches Denkmal. Dieses Haus war kleiner als seine Nachbarhäuser, weil es noch aus einer älteren Zeit stammte, und wirkte etwas heruntergekommen. Als Das Öde Haus verewigte Hoffmann es in der Erzählsammlung Nachtstücke. Das Haus fasziniert den Ich-Erzähler Theodor so sehr, dass er an einen Spuk im Haus zu glauben beginnt. Durch einen reflektierenden Taschenspiegel zusätzlich getäuscht, begleitet ihn der vermeintliche Spuk bis in seine Träume. Spiegel, vor allem die sogenannten Hexenspiegel, faszinierten Hoffmann und tauchen wiederholt in seinen Erzählungen auf. In Das Öde Haus und in den Irrungen spielt auch die nebenan in der damaligen Nummer 10 gelegene Konditorei Fuchs eine Rolle, wo Hoffmann gelegentlich auf dem Klavier improvisierte. Schon zu E.T.A. Hoffmanns Zeit war die Straße Unter den Linden die Hauptpromenade Berlins. Hier befanden sich zahlreiche für die Berliner Gesellschaft und für Hoffmann zentrale Orte: nicht zuletzt das Feinschmeckerlokal des Hoflieferanten Jagor oder das Café Royal.

Zur weiteren Lektüre empfohlen:

E.T.A. Hoffmann: Die Irrungen

Hexenspiegel. Undatiert. Sammlung Nekes, Theaterwissenschaftliche Sammlung, Universität zu Köln, 666F. © Sammlung Nekes. Foto: Luca Strack

Die 10 Stationen werden gefördert von: