Station 5

Leihbibliothek Kralowsky, Jägerstraße 25

Die Verkäuferin,
welche der Regel nach
den schönsten Blumenflor
ausgesuchter Nelken, Rosen,
und anderer seltenerer
Gewächse hält,
ist ein ganz hübsches, artiges
Mädchen, strebend nach
höherer Kultur des Geistes;
denn so wie sie der Handel
nicht beschäftigt, lies’t sie emsig
in Büchern, deren Uniform
zeigt, daß sie zur großen
Kralowskischen ästhetischen
Hauptarmee gehören,
welche bis in die entferntesten
Winkel der Residenz siegend
das Licht der Geistesbildung
verbreitet.

E.T.A. Hoffmann: Des Vetters Eckfenster

F. Albert Schwartz (Fotografisches Atelier): Blick auf die Südseite der Jägerstraße Nr. 28-23. Berlin, 1886. Fotografie, 16,50 cm x 23,00 cm. Inv.-Nr.: IV 87/415 V. © Stiftung Stadtmuseum Berlin

Im Gebäude der Jägerstraße 25 befand sich zu Beginn des 19. Jahrhunderts die Leihbibliothek Joseph Kralowskys. E.T.A. Hoffmann lieh sich hier regelmäßig Bücher aus, wie erhaltene Briefe mit diversen Bestellungen zeigen. Er nutzte Bücher von Kralowsky unter anderem für die Arbeiten an Das Fräulein von Scuderi und Die Bergwerke zu Falun. In seiner Erzählung Des Vetters Eckfenster, die am Gendarmenmarkt spielt, wird die Leihbibliothek erwähnt. Leihbibliotheken waren eine Art Vorgänger der heute meist städtisch betriebenen Büchereien. Sie erfüllten eine wichtige Funktion zur Verbreitung von Literatur und zur Etablierung einer breiten Romankultur: Da sich nur wenige den Erwerb von Büchern leisten konnten, waren viele Lesende auf die Leihbibliotheken angewiesen. In der Ausstellung Unheimlich Fantastisch – E.T.A. Hoffmann 2022 werden E.T.A. Hoffmanns Briefe an den Bibliothekar Kralowsky und andere Freund:innen und Bekannte als multimediale Chatunterhaltungen in die Gegenwart geholt.

Zur weiteren Lektüre empfohlen:

E.T.A. Hoffmann: Die Bergwerke zu Falun

E.T.A. Hoffmann: Das Fräulein von Scuderi

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