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Hoffmanns Rezension zur 5. Sinfonie Beethovens im Volltext
Obwohl Hoffmann vor allem als Literat bekannt wurde und heute immer noch stark mit seinen literarischen Texten verbunden wird, spielte die Musik eine bedeutende Rolle in seinem Leben. Er sah sich selbst in erster Linie als Komponist. Sein Name sollte „nicht anders als durch eine gelungene musikalische Komposition“ (Brief an Kunz) berühmt werden. Die Musik galt ihm als die einzig wahre Kunst.
„Die Musik schließt dem Menschen ein unbekanntes Reich auf, eine Welt, die nichts gemein hat mit der äußeren Sinnenwelt, die ihn umgibt und in der er alle bestimmten Gefühle zurückläßt, um sich einer unaussprechlichen Sehnsucht hinzugeben.“
Beethovens Instrumentalmusik
Die Bedeutung der Musik für Hoffmann wird schon durch die Änderung seines dritten Vornamens von Ernst Theodor Wilhelm in Ernst Theodor Amadeus im Jahr 1805 deutlich, die seine Verehrung für Mozart ausdrückt.
Hoffmanns musikalische Betätigungen sind vielfältig: er gab Gesangsunterricht, komponierte und dirigierte. Er war Kapellmeister in Bamberg, verfasste theoretische Schriften zur Musik, schrieb Rezensionen und auch durch seine literarischen Texte zieht sich das Motiv der Musik. Gleichwohl war ihm ein großer Erfolg als Musiker nicht vergönnt. Dennoch spielte Hoffmann insbesondere mit seinen Schriften zu Beginn des 19. Jahrhunderts sowie mit seinen Bühnenwerken eine wichtige Rolle bei der Entwicklung einer romantischen Musikästhetik.
Bis auf wenige Ausnahmen (z.B. Hoffmanns Aufsatz Alte und neue Kirchenmusik) hat Hoffmann sich vor allem in seinen zahlreichen Rezensionen für die Allgemeine Musikalische Zeitung in Leipzig theoretisch zur Musik geäußert. Zwischen 1809 und 1814 schrieb er ungefähr 30 Besprechungen. Alle diese Rezensionen erschienen – wie damals üblich – anonym.
Diese Zeit war gleichzeitig Hoffmanns intensivste Zeit als Musiker: Von 1808-1813 war er Musikdirektor am Bamberger Theater und 1813/14 war er Operndirigent bei der Joseph Secondas Schauspiel- und Operngesellschaft in Leipzig und Dresden. Für seine Besprechungen nutzte Hoffmann ausschließlich gedruckte Notentexte. Er rezensierte keine Aufführungen. In seinen Schriften setzte er sich mit Komponisten wie Ritter von Gluck, Mozart und Beethoven auseinander und entwickelte eine romantische Musikästhetik, die eine wichtige Rolle in der Musikgeschichte des 19. Jahrhunderts spielt.
Die berühmteste Besprechung Hoffmanns ist seine Rezension der 5. Sinfonie Beethovens. Darin entwickelt er seine Vorstellung von einer romantischen Instrumentalmusik:
Hoffmanns Rezension zur 5. Sinfonie Beethovens im Volltext
„Wenn von der Musik als einer selbstständigen Kunst die Rede ist, sollte immer nur die Instrumental-Musik gemeint seyn, welche, jede Hülfe, jede Beymischung einer andern Kunst verschmähend, das eigenthümliche, nur in ihr zu erkennende Wesen der Kunst rein ausspricht. Sie ist die romantischte aller Künste, – fast möchte man sagen, allein rein romantisch.“
Hoffmann verwendet in dieser Besprechung 20 Notenzitate aus den Instrumentalstimmen, dem Klavierauszug und der vollständigen Partitur. Beethovens Sinfonie ist für Hoffmann richtungweisend für die Zeit, da Beethoven die Themen in das „kunstvolle Gewebe des Ganzen“ integriert. Diesen Gedanken von der Instrumentalmusik als reinster und deswegen romantischster Kunst greift er im Kreislerianum „Beethovens Instrumental-Musik“ aus den Fantasiestücken wieder auf.
Hatte Hoffmann in der Zeit von 1809 bis 1814 hauptsächlich gedruckte Notentexte rezensiert und sich damit auf einer theoretischen Ebene mit Musik auseinandergesetzt, wandte er sich in seiner Berliner Zeit ab 1815 verstärkt der musikalischen Aufführungspraxis zu. Für das Dramaturgische Wochenblatt oder auch die Vossische Zeitung besprach er vor allem Inszenierungen des Königlichen Opernhauses. Vor allem das Zusammenspiel von Gesang und szenischer Darbietung erachtete Hoffmann als entscheidend für eine gute Opernaufführung.
Stefan Willer: „Rezensionen“, in: Christine Lubkoll, Harald Neumeyer (Hg.): E. T. A. Hoffmann-Handbuch. Leben – Werk – Wirkung, Stuttgart 2015, S. 217-220.
In Hoffmanns literarischen Texten tauchen unzählige Figuren auf, die in irgendeiner Weise zum Musikbetrieb gehören oder sich dazu oder zur Musik allgemein äußern. Oftmals lässt er diese Tendenzen der zeitgenössischen Musik kommentieren oder sogar musiktheoretische Diskussionen führen. Hoffmanns Selbstverständnis als Musiker kann also nicht ohne die Berücksichtigung seiner Literatur erschlossen werden. Am bedeutendsten hierfür ist die Figur des Kapellmeisters Johannes Kreisler, die ein Stück weit als Verkörperung des Musikers Hoffmann verstanden werden kann. Er selbst unterschrieb bisweilen Briefe oder Texte mit Johannes Kreisler oder J. Kr.
Hoffmanns literarische Arbeit durchziehen Strukturen, die an musikalische Kompositionen erinnern. Gleichzeitig sind auch seine musiktheoretischen Schriften von fiktionalen Elementen geprägt und werden nicht selten unter dem Namen einer literarischen Figur wie Johannes Kreisler herausgegeben oder verfasst. Hoffmanns Musik ist deswegen ohne seine Literatur ebenso wenig zu verstehen wie seine Literatur ohne die Musik.
Stefan Willer: „Theoretisch-ästhetische Schriften“, in: Christine Lubkoll, Harald Neumeyer (Hg.): E. T. A. Hoffmann-Handbuch. Leben – Werk – Wirkung, Stuttgart 2015, S. 212-216.
In dem einzigen bislang erschienen Werkverzeichnis von Hoffmanns musikalischen Schaffen von 1970 nennt Gerhard Allroggen 85 Kompositionen. Lediglich 18 Kompositionen davon sind Instrumentalwerke. Von den insgesamt 85 Kompositionen sind allerdings nur 34 erhalten.
Seine bedeutendsten Kompositionen sind die heroische Oper Aurora und die Zauberoper Undine. Die Undine wurde 1816 im Königlichen Schauspielhaus uraufgeführt und war ein großer Erfolg. Die Bühnenbilder stammten von Karl Friedrich Schinkel. Sie gilt als eine der ersten romantischen Opern Deutschlands. Die Undine wurde insgesamt 14 Mal gezeigt, bis ein Brand im Königlichen Schauspielhaus alle Requisiten der Oper vernichtete. Danach trat Hoffmann als Komponist nicht mehr in Erscheinung.
Carl Maria von Weber lobte die Oper in den höchsten Tönen:
Mehr zu E.T.A. Hoffmanns Opern erfahren Sie im Beitrag von Diau-Long Shen
Die Undine gilt als Vorläuferin von C. M. von Webers Oper Der Freischütz.
„Das ganze Werk ist eines der geistvollsten, das uns die neuere Zeit geschenkt hat. Es ist das schöne Resultat der vollkommensten Vertrautheit und Erfassung des Gegenstandes, vollbracht durch tief überlegten Ideengang und Berechnung der Wirkungen alles Kunst-Materials, zum Werke der schönen Kunst gestempelt durch schön und innig gedachte Melodien.“
Carl Maria von Weber über Hoffmanns Undine in der Weber-Gesamtausgabe
Im Sinne eines musikalischen Gesamtkunstwerks kann sie auch als Vorläuferin von den Werken Richard Wagners verstanden werden.
Gerhard Allroggen: E.T.A. Hoffmanns Kompositionen. Ein chronologisch-thematisches Verzeichnis seiner musikalischen Werke. Regensburg 1970.
Werner Keil: E.T.A. Hoffmann als Komponist. Studien zur Kompositionstechnik an ausgewählten Werken, Wiesbaden 1986.
In seiner Jugend hatte Hoffmann intensiven Musikunterricht. Er spielte Klavier, Violine, Harfe und sang. Neben seiner theoretischen und kompositorischen Betätigung war er also auch als Musiker aktiv. Dies ermöglichte es ihm, in Zeiten finanzieller Schwierigkeiten als Gesangslehrer oder Kapellmeister zu arbeiten. 1807 veröffentlichte Hoffmann im Allgemeinen Reichsanzeiger diese Anzeige:
„Jemand, der in dem theoretischen und praktischen Teil der Musik vollkommen unterrichtet ist, selbst für das Theater bedeutende Kompositionen geliefert und einer bedeutenden musikalischen Anstalt als Direktor mit Beifall vorgestanden hat, wünscht als Musikdirektor bei einem womöglich stehenden Theater unterzukommen. Außer den genannten Kenntnissen ist er mit dem Theaterwesen und seinen Erfordernissen vollständig vertraut, versteht sich auf die Anordnung der Dekorationen und des Kostüms, und ist außer der deutschen auch der französischen und italienischen Sprache gewachsen. Sollte der Unternehmer irgend eines Theaters eines solchen Subjekts benötigt sein, so bittet man ihn, sich in postfreien Briefen an – [ … ] – [folgende Adresse] zu wenden, wo er die näheren Bedingungen, welche auf jeden Fall billig sein werden, erfahren kann.“
Grand Trio, 1809
Aufgrund dieser Anzeige erhielt er 1808 eine Stelle als Kapellmeister des Bamberger Theaters. Seine Art vom Klavier aus zu dirigieren, lehnte das Bamberger Publikum allerdings ab. Er arbeitete deswegen hauptsächlich als Theaterkomponist, was jedoch Tätigkeiten als Regisseur, Dramaturg und Bühnenbildner einschloss. Aufgrund der schlechten Bezahlung musste er außerdem Musikunterricht geben. Aufgrund seines musikalischen Talents wurde er in die Harmonie-Gesellschaft Bamberg aufgenommen.
Richard Heinritz: „E.T.A. Hoffmann als Musikschriftsteller und Komponist“, in: FDA-Freier Deutscher Autorenverband (Hg.): Dokumentation zum XII. Literaturkongress des FDA. Literatur und Musik – E.T.A. Hoffmann, 2002, 50-64.