Schlagwortarchiv für: Konferenz

CFP: Writing Angst: The Gothic / Schauerliteratur in Scotland and Germany from 1800 until Today”, Universität Göttingen/TU Dresden (1.3.2024)

Göttingen University, September 4-6, 2024

Call for Papers: March 1, 2024

Few literary genres are better suited to give voice to cultural, social and political anxieties in periods of collective crises and disorientation than the Gothic, or Schauerliteratur. In our own age of wars, climate catastrophe and economic recession, the gothic format seems more than ever apt for the expression of all forms of angst. Looking at the development of the two literary traditions in Scotland and Germany one notes major differences in the development of the genre. During the initial period around 1800 there was an intense interest in German Schauerliteratur and the German folktale tradition in Scotland. In Scottish literature the oeuvres of Robert Burns, James Hogg, Walter Scott indicate the beginning of an uninterrupted Gothic tradition. It was continued by the intertexual reaffirmation of canonical works through later rewritings as well as by innovative new explorations of the genre through crossings with crime fiction and science fiction. In Germany, however, Schauerliteratur remained a period phenomenon and was never taken seriously as a literary genre again after high romanticism. It has recently been rediscovered as an innovative medium.

The conference takes its cue from a collaboration between the English Literature department of the University of Göttingen, the German department of Dresden University of Technology, and The School of Critical Studies at Glasgow University. It is co-hosted by Göttingen University and the TU Dresden and aims at looking at historical and contemporary examples of the Gothic / Schauerliteratur in both national traditions. A particular focus will be on practitioners of the genre in Scotland and Germany with a view to discussing their works. Sessions will be in English and German, which is why our CFP comes in two parts, addressing different but related questions in the Scottish and German tradition.

We invite proposals for papers of 20 minutes relating (but not exclusive) to the following questions:

  • What are the distinctive markers of the Gothic in both national traditions?
  • What is the connection between the Gothic, on the one hand, and folklore and national identity on the other?
  • Which forms, tropes and motifs does the Gothic offer for expressing cultural anxieties?
  • Bodies and place are distinctive sites for Gothic fears: how do they relate to particular historical events, scientific findings and cultural movements / moments?
  • What genres have been influenced by the Gothic or owe their existence to the Gothic?
  • How has the translation of Gothic texts from each of the two literatures into the other furthered cultural transfer and the development of the genre?

 

Die deutschsprachige Schauerliteratur erfuhr um 1800 eine produktive Hochphase. Schiller und Goethe veröffentlichten Spuknovellen in der Thalia und den Horen, Ludwig Tieck und E.T.A. Hoffmann loteten finstere Abgründe in Märchen und Nachtstücken aus und Populärschriftsteller:innen wie Carl Grosse, Heinrich Spieß, Benedikte Naubert oder Friedrich Laun verfassten zahllose Schauerromane und Gespensterbücher. Und doch traten diese vielgelesenen Horrorwerke danach kaum einmal aus den Grüften und Verließen heraus, in die sie von den hochliterarischen Großformationen Aufklärung, Klassik und Romantik verbannt wurden. Von einer deutschen Tradition des literarischen Schauers kann also im Vergleich zur anglo-amerikanischen und schottischen Gothic Literature keine Rede sein. Zu fragen ist daher gerade vor dem Hintergrund einer notorischen hochliterarischen Ignoranz, weshalb die erst im Entstehen begriffene populäre Literatur ausgerechnet in der Literarisierung von Angst beim Publikum derartig an Konjunktur gewinnen konnte und warum gerade um 1800. Weshalb hatte eine Textsorte derart viele Leser:innen (und Autor:innen), die das negative Gefühl von Furcht und Schrecken zum Gegenstand und Effekt ihrer Lektüren machte? Was war das überhaupt für eine Emotion, die um 1800 zum literarischen Thema wurde und in Lektüren erregt werden sollte? Unterscheidet sie sich von literarischer Angst heute? Wenn ja: Wie kann die Relation zwischen Angst und Literatur genauer bestimmt werden und inwiefern lässt sich Angst überhaupt literaturwissenschaftlich erforschen? Denn auch wenn Schauerliteratur wieder zunehmend literaturhistorische Anerkennung findet und Angst angesichts der Erfahrung multipler Krisen ein bestimmendes Thema der Gegenwartsliteratur zu stellen scheint, sind soziokulturell und historisch situierte Furcht und Schrecken als Ausgangspunkt und Ziel von Literatur noch immer in Dunkelheit gehüllt. Produktiv erscheint uns daher gerade der vergleichende Dialog von Beiträgen zur Gothic Novel und zur Schauerliteratur.

Wir freuen uns über 20-minütige literatur- und kulturwissenschaftliche Beiträge, die der literarischen Auseinandersetzung mit Angst in unterschiedlichen Zeit- und Raumkontexten seit dem 18. Jahrhundert gewidmet sind und dabei beispielsweise folgenden Fragen nachgehen:

Wie lässt sich die Literarisierung von Angst, vor allem in (populär-)ästhetischen Formen genauer beschreiben?

  • Welche Erzählweisen und Verfahren, welche Genre- und Medienkonstellationen,
  • welche Begriffsdifferenzierungen und/oder welche philosophischen Austauscheffekte (ästhetische Theorie–literarische Praktik) sind dabei relevant?
  • Wie lässt sich die Historizität literarischer Angst in Formen und Anlässen rekonstruieren?
  • Welche zeitspezifischen Diskurse spielen eine Rolle?
  • In welchen kulturellen Ermöglichungszusammenhängen und Wissenskontexten vollziehen sich Literarisierungen von Angst?

To apply, send a 300-word abstract (in English or German) and a brief bionote to

Hiwiangl@gwdg.de and Jakob.baur@tu-dresden.de by Friday, March 1, 2024.

Travel and Accomodation costs for the speakers can be covered on a pro rata basis. The conference is a cooperation between Göttingen University and TU Dresden (DFG-Projekt „Schauergeschichten. Angst und ihre literarischen Emotionalisierungspraktiken um 1800“, Prof. Dr. Lars Koch).

Zur Bewerbung senden Sie bitte eine knappe Skizze Ihres Beitragsvorschlags (300 Wörter; Deutsch oder Englisch) sowie eine Kurzbiographie an

Hiwiangl@gwdg.de und Jakob.baur@tu-dresden.de by Friday, March 1, 2024.

Für die Vortragenden können die Reise- und Übernachtungskosten anteilig übernommen werden. Die Tagung ist eine Kooperation der Universität Göttingen und der TU Dresden (DFG-Projekt „Schauergeschichten. Angst und ihre literarischen Emotionalisierungspraktiken um 1800“, Prof. Dr. Lars Koch).

Contact Information

Prof. Dr. Lars Koch, Medienwissenschaft und NDL, TU Dresden

Contact Email

lars.koch@tu-dresden.de

Neu erschienen: E.T.A. Hoffmann (1822–2022) – transdisziplinäre und transnationale Perspektivierungen, hrsg. von Lacheny/Viallet

Zum Inhalt

E.T.A. Hoffmann (1776–1822) ist einer der wichtigsten deutschen Erzähler des Märchenhaften und Wunderbaren. Der Meister des ­Phantastisch-Unheimlichen und des Grotesken gilt vielen als Hauptvertreter der „Schwarzen Romantik“. Sein Leben stand im Spannungsfeld von kreativem Genie und (selbst-)zerstörerischer Exzentrik. Hoffmann war und ist Inspirationsquelle für Kunstschaffende jeglicher Couleur und Herkunft. Dieser Band würdigt den facettenreichen Autor. In inter- und transdisziplinären Beiträgen hinterfragen die Autorinnen und Autoren die Gründe und Ursachen für die fortwährende Aktualität der Hoffmannschen Welt. Ihre Texte untersuchen zudem die Auswirkungen von E.T.A. Hoffmanns Werk auf das zeitgenössische Schaffen in den bildenden und visuellen Künsten. Sie geben damit neue Impulse für Forschung, Kunst und Literatur.

Herausgeberinnen

Dr. habil. Ingrid Lacheny lehrt Germanistik an der Universität Lothringen in Metz (Frankreich). Sie forscht und publiziert u. a. zur deutschen Romantik, zu Erzähltheorien, zum Wunderbaren und Phantastischen sowie zu inter- und transmedialen Themen.

Dr. Patricia Viallet ist Dozentin für Neuere Deutsche Literatur und deutsche Sprache an der Universität Jean Monnet in Saint-Étienne (Frankreich) und Mitglied des Forschungszentrums IHRIM/Saint-Étienne. Sie forscht und publiziert u. a. zu Literatur und Ästhetik der deutschen Romantik sowie zu Intermedialität.

Klein Zaches feiert sein 200. Jubiläum in Plovdiv – Konferenzbericht

Gastbeitrag von Iliana Eldarova (Universität Sofia) und Iliya Tochev (Universität Plovdiv)

2019 ist das 200. Jubiläumsjahr der Entstehung einer der markantesten literarischen Figuren, die von der stark kreativen Phantasie des deutschen Romantikers E.T.A. Hoffmann geschaffen wurde – im Jahr 1819 erschien das Kunstmärchen Klein Zaches genannt Zinnober. Wie kann der „kaum zwei Spannen“ hohe, missgestaltete Zaches aus Hoffmanns Novelle den Blick vieler Forscher und Künstler heute noch auf sich lenken? Weshalb ist das Bild von Zinnober – das Bild des Betrügers, der auf eine wundersame Weise durch die Zuschreibung fremder Verdienste auf sich und seiner eigenen Fehler auf die anderen im Leben erfolgt – heutzutage so fruchtbar für Diskussionen und Interpretationen?

Vom 23. bis 26. Oktober 2019 fand im Haus der Wissenschaftler in der Altstadt Plovdiv das internationale und interdisziplinäre Forum „E.T.A. Hoffmann in Bulgarien“ statt. Das Ereignis war dem 200. Jahrestag der Entstehung der Novelle „Klein Zaches genannt Zinnober“ gewidmet. Im Laufe der Diskussion wurde nach und nach deutlich, wie und warum dieses Werk in Bulgarien eine besonders aktive Rezeption erfährt. Neben wissenschaftlichen Vorträgen von Teilnehmerinnen und Teilnehmern verschiedener Universitäten standen auch kulturelle Veranstaltungen auf dem Programm – eine Theaterinszenierung, eine Filmvorführung und eine Ausstellung. Ganz im Geiste Hoffmanns wurden die einzelnen Sitzungen der Konferenz als Vigilien bezeichnet – eine Anspielung auf die Novelle Der goldene Topf, und das Programm selbst folgte seiner eigenen „Fabel“.

Initiator und Organisator des Projektes ist der Lehrstuhl für Literaturgeschichte und Vergleichende Literaturwissenschaft an der Universität Plovdiv „Paisii Hilendarski“. Weitere Organisatoren sind die E.T.A. Hoffmann-Gesellschaft – Bamberg, Deutschland; der Bulgarische Wissenschaftlerverband (Union of Scientists in Bulgaria, Zweigstelle Plovdiv) und die Nationalbibliothek „Ivan Vasov“ – Plovdiv, Bulgarien. Partner des Projektes sind das E.T.A. Hoffmann Portal und -Archiv der Staatsbibliothek zu Berlin, die Staatsbibliothek Bamberg, der Lehrstuhl für Theaterwissenschaft an der Nationalakademie für Theater- und Filmkunst „Krastjo Sarafow“ sowie der Nationalverlag „Az-buki“. Das Projekt fand statt auch dank der Unterstützung der Stadt Plovdiv, des Goethe-Instituts Bulgarien und des Nationalen Wissenschaftsfonds des Ministeriums für Bildung und Wissenschaft. Das Forum „E.T.A. Hoffmann in Bulgarien“ war Teil des Programms Plovdiv 2019 – Europäische Kulturhauptstadt.

Eröffnung

Die Konferenz wurde im Haus der Wissenschaftler eröffnet. Grußworte sprachen Dr. Mariana Tcholakova (Honorarkonsulin der Bundesrepublik Deutschland mit Sitz in Plovdiv), Dr. Christina Schmitz (Projektleitung des E.T.A. Hoffmann Portals, Staatsbibliothek zu Berlin), Prof. Dr. Nevena Mileva (Vize-Rektorin der Universität Plovdiv „Paisii Hilendarski“) und Dimitar Minev (Direktor der Nationalbibliothek „Ivan Vasov“, Plovdiv). Ein Grußwort von Prof. Dr. Bettina Wagner (Präsidentin der E.T.A. Hoffmann Gesellschaft und Direktorin der Staatsbibliothek Bamberg) wurde vorgelesen.

Erste Vigilie

Eröffnet wurde die Konferenz mit einem Vortrag von Prof. Dr. Bernhard Schemmel (Geschäftsführer der E.T.A. Hoffmann-Gesellschaft), den der Promovend Iliya Tochev (Universität Plovdiv) in bulgarischer Übersetzung vortrug. In seinem Beitrag Das Zauberspiel „Klein Zaches“ nach E.T.A. Hoffmann konzentriert sich Prof. Dr. Schemmel auf das bisher unbekannte Zauberspiel für Kinder Klein Zaches von K. Thalburg und weist „auf die Ähnlichkeiten und die Unterschiede zwischen Hoffmanns Werk und der späteren Interpretation“ hin. Darauf folgte Prof. Dr. Anna Topaldjikova (Nationalakademie für Theater und Film „Krastyo Sarafow“) mit ihrem Beitrag zum Thema Hoffmann’s Phantastic visions – provocation to the contemporary dramaturgy and theatre. Aus der Perspektive der Theaterwissenschaft näherte sich die Autorin der doppelten Natur von Hoffmanns´ Leben und fokussiert im Text auf jene Motive, die dramaturgisch und theatralisch umgesetzt wurden. Der Beitrag von Prof. Dr. Cleo Protohristova (Universität Plovdiv), Temporal Designations in E. T. A. Hoffmann’s Works – Idiosyncrasies and Subversion, legte den Fokus auf die Funktion der Zeitangaben in Hoffmanns Werk und auf seine Neigung, die Handlung mit bestimmten Feiertagen und Tagesstunden zu verknüpfen. Dabei bot sie eine Hypothese für die Rationalisierung dieser „künstlerischen Launen“ durch systematische Kontextualisierungen. Assoc. Prof. Dr. Dimitar Kambourov (Universität Sofia) zeigte in seinem Vortrag E. T. Amadeus Between Bonaparte, Beethoven, and Cinnabar: Romantic Revolution, Collective Psychosis, Popular Culture, and Democratic Discrimination eine andere Perspektive auf Hoffmanns Werk und zog Parallelen zwischen dem Autor und seinem Protagonisten, wobei er Impulse zum Konflikt zwischen Biographie, Normativität, Kreativität und Skeptizismus setzte und von einem „suiziden Modernismus“ sprach, der eine Alternative zu den „Klassikern“ (Beethoven, Tchaikovsky, Delibes, etc.) und zur Dunkelheit (E.T.A. Hoffmann selbst) biete.

Während der Diskussion wurde mehrfach deutlich, wie unterschiedlich die Interpretationen und Thesen zu Hoffmann und seinem Werk sein können: Ob die romantische Ironie dabei helfen könnte, der behaupteten (klein)bürgerlichen Weltanschauung zu entgehen; inwieweit Hoffmann tatsächlich in der Lage war, eine solche Ironie zu manifestieren; ob er ein versierter und vollwertiger Autor war, der Künstler und Wissenschaftler heute immer noch inspiriert, oder im Gegenteil – ob das Interesse an ihm und die zahlreichen Versuche zu neuen Interpretationen genau ein Ergebnis davon sind, dass es sich um ein potenzielles Talent handelt, das sich nicht völlig entfalten konnte, und um einen Schriftsteller, dessen Werk einer Fortsetzung bedarf? Diese und andere während der Diskussion aufgeworfenen Fragen beschäftigten die Teilnehmerinnen und Teilnehmer des Forums „E.T.A. Hoffmann in Bulgarien“ auch nach der ersten Vigilie.

Am Abend führte die unabhängige Theatergruppe Metheor unter Leitung der Regisseurin Ani Vasseva das zweisprachige Stück Hoffmann im Theatersaal der Universität Plovdiv auf. Die Schauspieler Leonid Yovchev und Stefan Milkov präsentierten darin eine künstlerische Interpretation von Hoffmanns Leben und Werk, indem sie das Publikum in die für Hoffmann typischen Gefühle von Albtraum, Angst und Unruhe versetzten.

Zweite Vigilie

Der zweite Konferenztag begann mit Assoc. Prof. Dr. Darin Tenev (Universität Sofia) und seinem Vortrag Hoffmann and the Cats of Deconstruction, in welchem er die Rezeption Hoffmanns in Frankreich durch verschiedene Essays von Sarah Kofman untersuchte, unter anderem am Beispiel ihrer Interpretation des Kater Murr. Tenev beleuchtete auch neue Diskurse aus den „Animal Studies“ und untersuchte dabei die Klassifikationsspezifika des Doppelgängerbildes. Dr. Mladen Vlashki (Universität Plovdiv) bot in seinem Vortrag E.T.A Hoffmann, Gogol und Kafka in Prag – Anna Seghers literarische Antwort auf einige politische Fragen eine Analyse von Anna Seghers´ Erzählung Die Reisebegegnung (1972), in der sich die drei Autoren kurz nach dem Ersten Weltkrieg in einem Prager Café treffen und über ihre Werke diskutieren. Dabei wurden die Reflexionen der Autorin über die politische Dynamik in Europa, die die Theorien des Realismus in der Literatur des Kalten Krieges beeinflussen, untersucht. In ihrem Beitrag zum Thema Hoffmann, Desire and The Possibility of Impossible unternahm Dr. Ani Vasseva (Metheor; NBU) den Versuch, Zaches mit den Figuren Anselmus (Der goldene Topf), Nathanael (Der Sandmann) und Balthazar (Klein Zaches) zu vergleichen. Dabei warf sie die Frage auf, ob Zaches nicht die Mängel anderer widerspiegele – in diesem Fall könne sein Bild als Satire gegen die Massenpsychose interpretiert werden. In der Folgediskussion wurden unter anderem verschiedene Überlegungen zur Bedeutung der Übersetzung der Werke Hoffmanns ins Bulgarische und ihren Einfluss auf die Rezeption erörtert.

Dritte Vigilie

Assoc. Prof. Dr. Ognyan Kovachev (Universität Sofia) präsentierte in seinem Vortrag The Anxiety of Kinship: E. T. A. Hoffmann and the British Literary Gothic Context einen Vergleich zwischen dem Roman Die Elixiere des Teufels und der 1796 veröffentlichten Gothic Novel Der Mönch von Matthew Gregory Lewis, und somit zwischen der Romantik und der Britischen Neugotik. Er zog zur Diskussion englische und bulgarische Übersetzungen sowie die Verfilmung Die Elixire (1976) heran. Assoc. Prof. Dr. Boris Minkov sprach über Die Rezeption des Romans „Die Elixiere des Teufels“ in der Übersetzung von Panajot Tschinkov von 1929. Seiner Ansicht nach schaffe die bulgarische Übersetzung ein Bild des Werkes, das auf das Modell der Gothic Novel zurückgeführt werden kann – ein von Hoffmann parodiertes Modell. In seinem Beitrag zeigte er, dass Hoffmanns feste Kategorisierung als „Schwarzromantiker“ im bulgarischen Kulturraum bereits vor 1944 geschehen ist. Nach der Diskussion stellte Dr. Christina Schmitz in ihrem Vortrag Eine ganze E.T.A. Hoffmann-Welt an der Staatsbibliothek zu Berlin das Webportal und E.T.A. Hoffmann-Archiv der Staatsbibliothek vor.

Vierte Vigilie

Im Vortrag Die Retrotopie als ideologisches Instrument der deutschen Romantik in Е.Т.А. Hoffmanns „Klein Zaches, genannt Zinnober“ analysierte Assoc. Prof. Dr. Maria Endreva (Universität Sofia) das Verhältnis von Ideologie und Utopie, Konservatismus und Marxismus. Sie stellt die These auf, dass unsere Zeit wie die Romantik dazu neigt, der Realität durch Verwendung irrationaler Ideen und Praktiken auszuweichen. Assoc. Prof. Vitana Kostadinova (Universität Plovdiv) konzentrierte sich in ihrem Vortrag Literary Parallels: E.T.A. Hoffmann and the English Romantics auf die literarischen Parallelen zwischen Hoffmann (Der Sandmann) und den englischen Romantikern Coleridge (The Rime of the Ancient Mariner) und Mary Shelley (Frankenstein) sowie der gelegentlichen Referenz zu Byron.

Ausstellung

Am Nachmittag wurde in der Nationalbibliothek „Ivan Vazov“ die Ausstellung E.T.A. Hoffmann in Bulgarien eröffnet. Die Kuratorinnen Assoc. Prof. Dr. Svetla Cherpokova (Universität Plovdiv) und Promotionsstudentin Iliana Eldarova (Universität Sofia) führten in die Ausstellung ein. Zu sehen waren alle bulgarischen Ausgaben von Hoffmanns Werken, von der frühesten bis zur neuesten Ausgabe (Das unbekannte Kind, 2019), sowie Reproduktionen von Autographen und anderen unikalen Materialien aus dem Bestand der Bamberger Staatsbibliothek. Die Objekte wurden speziell für Ausstellungszwecke im Jahr 2005/2006 hergestellt und sind sehr geschickte Kopien von Zeichnungen, aber auch Handschriften, Briefen, der Todesanzeige des Kater Murr sowie wertvollen Erstausgaben literarischer bzw. musikalischer Art. Die Reproduktionen sind in acht Themen aufgeteilt: 1. Porträts E.T.A. Hoffmanns, 2. Lebensstationen Königsberg – Bamberg – Berlin, 3. Musikalien E.T.A. Hoffmanns, 4. Undine, 5. Der Sandmann, 6. Meister Martin der Küfner und seine Gesellen, 7. Fantasiestücke bis Kater Murr, 8. Meister Floh.

Am Ende des zweiten Konferenztages wurde im Kulturhaus „Boris Hristov“ eine Verfilmung des von Zaches inspirierten Theaterstücks Phantastereien des bulgarischen Regisseurs Tedi Moskov gezeigt. Für das Publikum war es besonders interessant, wie die vertrauten Passagen des Romans auf eine neue Weise funktionieren und in einen anderen Kontext gestellt werden. So übte das Stück auch Kritik am sozialistischen Regime, das zur Uraufführung Ende der 1980er Jahre noch an der Macht war. Der Regisseur selbst beteiligte sich in der Diskussion und sprach über die nicht ganz ungefährliche Entstehungsgeschichte seiner Inszenierung.

Fünfte Vigilie

Am letzten Tag der Konferenz – in der fünften Vigilie – erörterte Assist. Prof. Dr. Ivan Popov (Universität Sofia) in seinem Vortrag Der Einfluss der Trivialliteratur aus dem 18. und dem Anfang des 19. Jahrhunderts auf E.T.A. Hoffmanns Werk an verschiedenen Beispielen (u.a. Elixiere des Teufels), dass das Werk Hoffmanns Züge der Trivialliteratur (v.a. des Schauerromans) trägt, und stellte sich dabei die Frage, wie Hoffmann durch die Mittel der populären Literatur „spezifisch“ romantische Ziele verwirklicht. Assist. Prof. Dr. Elitsa Dubarova („Prof. Dr. Asen Zlatarov“ Universität Burgas) beschäftigte sich in ihrem Beitrag Techniques of awakening. Observations on the narrative and theoretical dimensions of optics in the works of Hoffmann and Musil (“The corner window” and “Binoculars”) mit einem Vergleich zwischen Hoffmanns Erzählung Des Vetters Eckfenster und Robert Musils Essay Triëdere, wobei sie die Texte in den Kontext der technischen Entwicklung einerseits und der ästhetischen Umkehrung andererseits stellte.

Sechste Vigilie

Assist. Prof. Dr. Laska Laskova (Universität Sofia) hob in ihrem Vortrag zum Thema The Golden Pot: A Modern Fairytale of Tenses. Grammar Notes die manchmal übersehene Verbindung zwischen Literaturwissenschaft und Linguistik hervor. Sie untersuchte die Hypothese, dass sich Differenz und Zwiespaltung im Kunstmärchen Der goldene Topf auf der grammatischen Ebene widerspiegeln und zwar durch den Wechsel zwischen verschiedenen narrativen Systemen. Assoc. Prof. Dr. Svetla Cherpokova (Universität Plovdiv) skizzierte in ihrem Vortrag „Klein Zaches, genannt Zinnober“ – außerliterarische Verwendungen die Theater- und Filminterpretationen von Hoffmanns Werk in Bulgarien zwischen 1989 und 2010, darunter das Stück Phantastereien von Tedi Moskov und der Film Zaches (2010) des bulgarischen Regisseurs Anri Kulev, dessen Vorführung auch Teil des Konferenzprogramms war. Die Autorin beschäftigte sich mit der Frage, warum alle filmischen Bearbeitungen in diesem Zeitraum auf Klein Zaches, genannt Zinnober fußen. Somit wurde ein Überblick über Hoffmanns Rezeption in Bulgarien gegeben – zunächst durch Übersetzungen und später durch Interpretationen im Bereich anderer Künste. Hoffmanns Rezeption in Bulgarien wurde als Teil des Transferprozesses von deutscher Kultur nach Bulgarien angesehen, seine Aktualität wurde auch in politisch-gesellschaftliche Kontexte gestellt.

Siebte Vigilie

In der letzten, siebten Vigilie hatten junge Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler die Gelegenheit, ihre Arbeiten vorzustellen. Die Promotionsstudentin Tanya Bedavadzhieva (Universität Plovdiv) sprach über Alchemie und ihre Verwendung in Hoffmans Texten – Alchemical symbols and motifs in Hoffman’s tales. Der Promotionsstudent Iliya Tochev (Universität Plovdiv) untersuchte in seinem Beitrag Betrachtungen über die Doppelgängerfigur in einigen Werken von Knut Hamsun und E.T.A. Hoffmann durch einen typologischen Vergleich die Motive des Doppelgängers, der Spaltung und Verdoppelung in Hoffmans Sandmann und Knut Hamsuns Roman Mysterien. Schließlich skizzierte die Masterstudentin Elena Mincheva (Universität Plovdiv) in ihrem Beitrag Variations on the Image of Italy in Two Novellas by Е. Т. А. Hoffmann die Karneval- und maskengeprägte Italienvorstellung Hoffmanns in den Novellen Die Abenteuer der Sylvester-Nacht und Prinzessin Brambilla sowie die Rolle des mythologischen Landes Udargarten.

„Zaches heute?“

Es folgte eine Diskussion unter Beteiligung von Studierenden der Universität Plovdiv zu Hoffmanns kontroversem Leben und Werk sowie zu aktuellen Formen der Rezeption. Zum Abschluss der dreitägigen Vigilien wurde Anri Kulevs Film Zaches, die neueste Interpretation der Novelle (2010), im Haus der Kultur „Boris Hristov“ vorgeführt. Dazu sprach der Regisseur einführende Worte und stellte sich anschließend den Fragen des Publikums.

Die zahlreichen Interpretationen, die im Rahmen der Konferenz beleuchtet wurden, sind ein Beleg dafür, dass die Figur des „Klein Zaches“ bis heute relevant ist und wiederkehrende, aber auch neue, konkretere inhaltgebende Beispiele für seine Präsenz zu beobachten sind. Das macht ihn zweifellos zu einem der ewigen Bilder in der Weltliteratur.

Initiator und Organisator des Projektes ist der Lehrstuhl für Literaturgeschichte und Vergleichende Literaturwissenschaft an der Universität Plovdiv „Paisii Hilendarski“. Weitere Organisatoren sind die E.T.A. Hoffmann-Gesellschaft – Bamberg, Deutschland; der Bulgarische Wissenschaftlerverband (Union of Scientists in Bulgaria, Zweigstelle Plovdiv), die Nationalbibliothek „Ivan Vasov“ – Plovdiv, Bulgarien. Partner des Projektes sind das E.T.A.-Hoffmann-Portal und E.T.A.-Hoffmann-Archiv der Staatsbibliothek zu Berlin, die Staatsbibliothek Bamberg, der Lehrstuhl für Theaterwissenschaft an der Nationalakademie für Theater- und Filmkunst „Krastjo Sarafow“, der Nationalverlag „Az-buki“. Das Projekt findet statt auch dank der Unterstützung der Stadt Plovdiv, des Goethe-Instituts Bulgarien und des Nationalen Wissenschaftsfonds des Ministeriums für Bildung und Wissenschaft. Das Forum „E.T.A. Hoffmann in Bulgarien“ fand im Rahmen des Programms Plovdiv 2019 – Europäische Kulturhauptstadt.

E.T.A. Hoffmann in Portland – Rückblick zur Jahreskonferenz der German Studies Association 2019

Ein Beitrag von Dr. Stephanie Großmann, Universität Passau (→ Forscherprofil)

Dass E.T.A. Hoffmann bei der diesjährigen Konferenz der German Studies Association (GSA) in Portland, Oregon großes Interesse fand, zeigte sich schon daran, dass das von Prof. Dr. Liebrand (Universität zu Köln) und Prof. Dr. Thomas Wortmann (Universität Mannheim) initiierte Thema „Reperspektivierungen: Neue Lektüren zu E.T.A. Hoffmann“ mit drei Panels vertreten war. Als interdisziplinäre Vereinigung von ca. 1.500 Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern widmet sich die German Studies Association (GSA) germanistischen und historischen Fragestellungen, die sich mit Bezügen zu Deutschland, Österreich und der Schweiz befassen. Ihre Jahreskonferenz, die dieses Jahr vom 3. bis zum 6. Oktober zum dreiundvierzigsten Mal stattfand, ist ein wichtiges Forum für den wissenschaftlichen Austausch zwischen den USA und Deutschland. In Portland näherten sich die neun Referentinnen und Referenten neuen Lektüren zu E.T.A. Hoffmann aus ganz vielfältigen Perspektiven, die unter anderem die Emotionsforschung, Gender und Queer Studies, Philosophie (Kant), Materielle Kulturwissenschaft, Film- und Theaterwissenschaft einschlossen.

Das erste Panel stellte E.T.A. Hoffmanns „Schreib- und Erzählstrategien“ in den Mittelpunkt. Den Auftakt machte M.A. Christian Struck (Harvard University) mit seinem Vortrag Das unsichtbare Element des Einflusses in E.T.A. Hoffmanns „Der Magnetiseur“ – oder: Schaum und Vermächtnis. Ihn beschäftigte besonders die Frage, wie der Text selbst den Leser „magnetisiert“. Dazu untersuchte Struck den Text bis hinein in die Ebenen von Syntax und Zeichensetzung und eröffnete auf dieser Mikroebene dessen Potenzial unterschiedlicher Lese- und Bezugsebenen. Außerdem beleuchtete er die Materialität des vielfach in Der Magnetiseur benannten Schaumes auf sein semantisches Potenzial.

In ihrem Vortrag Subjektkonstitutionen und Schreibprozesse: Hoffmanns Texte präsentierte Prof. Dr. Claudia Liebrand (Universität zu Köln), wie Hoffmanns Texte ihre Figuren als von ihrem Unterbewusstsein geleitete Marionetten erscheinen lassen. Dabei ging sie drei unterschiedlichen Facetten nach: 1. Die Texte verunklaren den Mensch-Maschine-Zusammenhang. Am Beispiel Der Sandmann zeigte sie, dass dort das Problem einer fehlenden Unterscheidbarkeit zwischen dem, was Mensch und was Nicht-Mensch ist aufgeworfen wird. 2. Das Trauma wird für die Figuren zu einem Skript, dem sie gehorchen müssen, das sie nachspielen müssen. So wird Nathanael in der traumatischen Urszene von Coppelius zur Marionette umgestaltet und kann ab dann nur noch als Marionette agieren. 3. Den Schreibprozess der Künstlerperson in Der goldene Topf konzipiert Liebrand als Écriture automatique avant la lettre, da das Unbewusste dem Dichter die Hand führt, es selbst zum Text werden soll.

PD Dr. Jan Süselbeck (University of Calgary) beschäftigt sich in seinem Beitrag Schöne Augen: Emotionalisierungsstrategien in E.T.A. Hoffmanns Erzählung Der Sandmann aus der Perspektive der Emotionsforschung mit dem literarischen Antisemitismus der Romantik. Vor allem in der „Ensemblewirkung des Textes“ bezogen auf einzelne Aspekte der Figur Coppelius/Coppola im Sandmann – seine Physiognomie, sein Potenzial der (viralen) Ansteckung, seine sprachliche Verunglimpfung („Sköne Oken“) und sein Erscheinen als Hausierer/Schnorrer – sieht er deutliche Parallelen zur Konzeption des Ahasver-Motivs im 19. Jahrhundert. So schüre Hoffmanns Text gerade durch sein wirkmächtiges Angstszenario, bei dem nie abschließend klar wird, ob Nathanael wirklich gefährdet ist oder nicht, die Angst vor dem Fremden, das einen viral befällt und in den Abgrund zieht, wobei dieses Fremde deutliche Anklänge an die Konzeption eines unheimlichen, jüdischen Anderen des frühen 19. Jahrhunderts aufweise.

Dem „Sprechen und Verstehen“ widmete sich das zweite Panel. Zunächst untersuchte Dr. Giulia Ferro Milone (Università di Verona) in ihrem Vortrag „Der Junge knurrt und miaut, statt zu reden“: Sprachstörungen und Sprachdefizite bei Hoffmanns männlichen Figuren aus der Perspektive der Gender und Queer Studies, wie das männliche Sprechen in den Texten Hoffmanns vor der Folie der für die Goethezeit dominanten Norm der Affektkontrolle zu verorten ist. Ihre These, dass Hoffmanns Figuren die dominanten Strukturen männlichen Sprechens der Zeit nicht erfüllen, erläuterte sie an verschiedenen Beispielen (Klein Zaches genannt Zinnober, Meister Floh) und konnte zeigen, dass nicht nur in der Artikulation, sondern auch bezogen auf Syntax und Wortwahl die Figuren in einem (sprachlichen) Kindheitsstatus verbleiben und „Männlichkeitsperformanz“ problematisiert wird. Diese Befunde kontrastierte Ferro Milone mit den männlichen Tierfiguren Hoffmanns, die sich alle durch eine hervorragende Artikulation und Eloquenz auszeichnen.

Unter dem Titel Zum silbernen Lamm oder zum goldenen Bock? – E.T.A. Hoffmanns ungesellige Gesellen stellte Dr. Caroline Scholzen (Universität Salzburg) Hoffmanns Konzeption von Geselligkeit in den Kontext von Immanuel Kants geschichtsphilosophischer These des sozialen Antagonismus einer „Ungeselligen Geselligkeit“, die als Motor der Sozialisation fungiert. Scholzen argumentierte, dass Kant die aus dem Paradoxon erwachsenden Probleme einzuhegen versuche, wohingegen Hoffmann in seinen Texten den Mut bewiese, dieses Paradoxon eines doppelt gerichteten Sprachraums auszuhalten, indem er in seinen Texten inverse Strukturen nicht auflöse.

Dr. Aurora Romero (Vanderbilt University, Nashville) näherte sich in ihrem Beitrag Disarticulated Women and Their (Un)Emotional Labors in E.T.A. Hoffmann’s The Sandmann den Frauenfiguren aus der Perspektive der Visual Studies und folgte den verschiedenen Blicken auf die „female bodies“, um anhand dieser Konzeptionen die kontemporären Veränderungen der Frauenrolle herauszuarbeiten.

Das dritte Panel befasste sich unter dem Titel „Adaptionen“ mit der Relation zwischen Hoffmanns literarischen Texten und anderen medialen Konzepten oder Umsetzungen. PD Dr. Mario Grizelj (Ludwig-Maximilian-Universität München) ging in seinem Vortrag „Des Vetters Eckfenster“ und die Kamerafahrt – Nicht nur: „Hoffmann und der Film“, sondern auch „Hoffmann und die Filmanalyse“ der These nach, inwiefern Hoffmanns Texte – und hier insbesondere Des Vetters Eckfenster – als Exempel für „filmische Schreibweisen“ herhalten können. In seiner Analyse kam er zu dem Schluss, dass ein Durchspielen von filmanalytischen Begrifflichkeiten an den Raum- und Blickkonzeptionen der Texte zum einen anachronistisch sei und zum anderen auch keinen Mehrwert bringe. Dieser Punkt, die Literatur nicht auf ein protofilmisches Medium zu reduzieren, sondern vielmehr ihren Eigenwert und ihre Poetizität zu würdigen, fand auch in der Diskussion große Zustimmung.

Dr. Stephanie Großmann (Universität Passau) untersuchte in ihrem Beitrag E.T.A. Hoffmann im kaleidoskopischen Blick der Oper: Jacques Offenbachs Les Contes d’Hoffmann und ihre Inszenierungen zunächst erzähltechnische Referenzen der Oper Les Contes d’Hoffmann auf E.T.A. Hoffmanns Erzählverfahren. Inwiefern dann unterschiedliche Inszenierungen der Oper Reperspektivierungen der Person E.T.A. Hoffmann hervorbringen und welche Impulse diese für neue Lektüren seiner Erzähltexte geben können, stellte sie an den Operninszenierungen von Louis Erlo (Opéra National de Lyon 1993),  Giancarlo Del Monaco (Opera de Bilbao 2006) und Stefan Herheim (Bregenzer Festspiele 2015) vor.

Den Abschluss bildete Prof. Dr. Thomas Wortmann (Universität Mannheim) mit seinem Vortrag Unter Puppen: Robert Wilson inszeniert den „Sandmann“. Als erstes fokussierte er die gesellschaftlichen Konsequenzen, die die Enttarnung Olympias als Automate in Hoffmanns Text auslöst, nämlich gerade ein fehleraffines Handeln, wie ein „taktloses Singen“, aber auch die Trennung von Paarbeziehungen. Im Anschluss widmete er sich Robert Wilsons musikalischer Bühnenrealisation (Düsseldorf 2017), in der die Erzählung zu einem an filmischen Referenzen reichen „Tale of Horror“ wird. Bezogen auf eine Reperspektivierung hob Wortmann hervor, dass das Stück einerseits die Rolle der Mutter als initiierende und dominierende Figur konzipiert, der ein infantiler Nathanael gegenübersteht. Andererseits gestaltet der die Aufführung eröffnende und schließende Song „Dream on“ und die Integration des Sandmanns als Figur das Stück als Traumerzählung, die zudem zu einer Endlossschleife gerät, da sowohl Nathanael als auch sein Vater trotz ihres vorangegangenen Todes am Ende wieder lebendig auf der Bühne sind.

Einige Ergebnisse dieser sehr breit gefächerten, produktiven Auseinandersetzung mit E.T.A. Hoffmann auf der GSA in Portland werden voraussichtlich in das E.T.A. Hoffmann-Jahrbuch 2020 aufgenommen.

Call for Papers bis 15.3.19: Konferenz „Das Romantisch-Fantastische“

Vom 18.–21. September 2019 wird an der Freien Universität Berlin die 10. Konferenz der Gesellschaft für Fantastikforschung stattfinden. Ausgerichtet wird die Veranstaltung von der Kolleg-Forschungsgruppe „Cinepoetics – Poetologien audiovisueller Bilder“ und dem Seminar für Filmwissenschaft der FU Berlin. Der Call for Papers wird bis zum 15. März 2019 verlängert.

Weitere Informationen und Anmeldeformular

Von der Konferenz-Webseite:

The complex relationship between the romantic and the specific appearances, genres and media of the fantastic are the focus of this conference. On the one hand we want to assess the role of romantic ideas, poetics and imagery in possible genealogies of the fantastic mode and on the other hand we want to utilize the reference to its romantic origins in order to explore the fantastic’s inherent potential of critique.

Conference Board: Jan-Hendrik Bakels, Regina Brückner, Matthias Grotkopp, Tobias Haupts, Daniel Illger, Cilli Pogodda, Michael Wedel

 

Call for Papers: E.T.A. Hoffmann bei der 43. Konferenz der German Studies Association (USA)

Auf der diesjährigen Konferenz der German Studies Association vom 3.–6. Oktober 2019 in Portland/Oregon (USA) wird es ein Panel zu E.T.A. Hoffmann geben:

Reperspektivierungen: Neue Lektüren zu E.T.A. Hoffmann

Die Organisation bietet eine kleine Zahl an Reisestipendien an. Weitere Informationen dazu finden Sie auf der Konferenzwebseite.

Auf H-Germanistik wurde dazu folgender Call for Papers veröffentlicht:

CFP: GSA 2019: Panel: Reperspektivierungen: Neue Lektüren zu E.T.A. Hoffmann (25.01.2019)

by Thomas Wortmann, German Studies Association, 3.-6. Oktober 2019, Portland, Oregon, USA

E.T.A. Hoffmanns Werk fasziniert Leserinnen und Leser seit über zweihundert Jahren. Wie kaum ein anderer Autor ist Hoffmann, der zu Lebzeiten zu den Erfolgs­au­toren seiner Epoche zählte, als ‚Gespenster-Hoffmann‘ ebenso berühmt wie berüchtigt war, populär geblieben: Im schulischen Lesekanon hat er inzwischen Joseph von Eichendorff den Rang als exemplarischer Autor der Romantik abgelaufen; auf der Theaterbühne erfreuen sich Hoffmanns Texte, dafür ist Robert Wilsons Adaption des Sandmanns im Rahmen der Ruhrfestspiele 2017 nur das prominenteste Beispiel, großer Beliebtheit. Die Faszination des Publikums teilt auch die Literaturwissenschaft. Dies belegen nicht zuletzt die beiden opulenten Handbücher, die sich Hoffmanns Leben, Werk und Wirkung widmen, wie auch der 2016 von Oliver Jahraus heraus­ge­ge­bene Reclam-Band, der an­hand von siebzehn Modell­analysen des Sandmanns in die Literatur­theorie einführt. Und trotzdem zeigt der Blick in die Bibliographien des Fachs, dass das wissenschaftliche Interesse an Hoffmanns Werk rück­läufig ist.

Vor diesem Hinter­grund setzt sich das Panel zum Ziel, das Œuvre E.T.A. Hoffmanns, dessen Todestag sich in drei Jahren, 2022, zum 200sten Mal jähren wird, wieder in den Fokus zu rücken. Das thematische Feld ist dabei bewusst breit gehalten: Erwünscht sind ebenso Paper, die Hoffmanns literarisches, bildkünstlerisches und kompositorisches Werk auf der Basis aktueller literaturtheo­retischer Strömungen (animal studies, Ecocriticism, gender und queer studies, Actor-network theory, material studies, etc.) neu perspektivieren, wie (medien-)komparatistische Beiträge, die Hoff­manns Arbei­ten in einen (welt-)literarischen Kontext setzen oder aber, etwa aus dem Blickwinkel der theatre und performance studies, aktuelle Adaptionen Hoffmann’scher Texte in anderen Medien (im Theater, in der Oper, als Graphic Novel etc.) analysieren. Gesucht werden vor allem auch Beiträge, die sich dem ‚Abenteuer­tourismus in der Literaturʻ (Peter von Matt) widmen, sich also außerhalb der ein­ge­laufenen Pfade der Forschung bewegen und Neues zu viel beforschten Werken zu sagen haben oder auch jene am Rande gelegenen Texte, Zeichnungen und Kompositionen Hoffmanns in den Blick nehmen, denen die Forschung bisher nur wenig Interesse entgegen gebracht hat.

Vorträge auf Deutsch und Englisch sind gleichermaßen willkommen. Eine Publikation der Beiträge im Hoffmann-Jahrbuch 2020 ist – nach einem Begutachtungsverfahren durch die Herausgeber – geplant. Wir bitten um Zusendung eines Abstracts (circa 400 Wörter) und einer kurzen biographischen Information bis zum 25. Januar 2019 an Claudia Liebrand (c.liebrand@uni-koeln.de) und Thomas Wortmann (wortmann@uni-mannheim.de).