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Sahib Kapoor: E.T.A. Hoffmanns Der Sandmann (1816) und seine Darstellung in expressionistischen Buchillustrationen

Neu erschienen: Sahib Kapoor: E.T.A. Hoffmanns Der Sandmann (1816) und seine Darstellung in expressionistischen Buchillustrationen

Ende April 2024 erschien Sahib Kapoors Buch E.T.A. Hoffmanns Der Sandmann (1816) und seine Darstellung in expressionistischen Buchillustrationen im Verlag Königshausen und Neumann. Wir hatten die Gelegenheit, den Autor zu seinem Buch zu befragen.

Herr Kapoor, wie kamen Sie auf das Thema?

Die Überschneidung von Literatur und Bildender Kunst übt seit jeher eine besondere Faszination auf mich aus. Im Rahmen meines Bachelor-Studiums hatte ich erstmals die Gelegenheit, mich mit den Werken E. T. A. Hoffmanns zu befassen. Seitdem haben mich seine Texte immer wieder aufs Neue ästhetisch erfreut und inspiriert. Besonders angetan hat es mir dabei die Textillustration zu Hoffmanns Novelle Der Sandmann.

Warum wurde E.T.A. Hoffmann insgesamt aber eben auch im besonderen Maße im Expressionismus so häufig illustriert?

Im Expressionismus erfuhr E.T.A. Hoffmann eine Renaissance. Die Expressionist*innen griffen das Unheimliche und Undurchschaubare auf, da Hoffmann bereits die Kernproblematik der Expressionist*innen thematisierte, nämlich den physischen Aufruhr und die innere Zerrissenheit in einer rationalen Lebenswelt. In Hoffmanns Texten manifestierte sich der künstlerische Ausdruck. Hoffmanns Phantasiewelt fungierte für sie als sicherer Zufluchtsort.

Warum eignet sich der Expressionismus aus Ihrer Sicht besonders für die Illustration von E.T.A. Hoffmanns Erzählung Der Sandmann?

In der Zeitspanne zwischen 1913 und 1925 wurden 13 illustrierte Ausgaben von Hoffmanns Der Sandmann publiziert. In diesem Werk thematisiert Hoffmann die Existenzangst und den Wahnsinn, wobei der Protagonist Nathanael an der Schwelle zwischen Realität und Fantasie schwebt. Das gleiche Schicksal ereilte die Expressionist*innen, sei es, dass sie vom Krieg gestürzt wurden, sei es, dass sie die Auswirkungen des Krieges spürten. Wie Nathanael waren sie nicht imstande, ihren Alltag zu bewältigen. Insofern kann angenommen werden, dass Der Sandmann ein Werk ist, das die Psyche der Künstler visuell darstellt. Die Arbeit zeigt, dass Der Sandmann das am häufigsten illustrierte Werk Hoffmanns im Expressionismus ist.

Sind es vor allem deutsche oder auch internationale Künstler? Gibt es Künstlerinnen, die E.T.A. Hoffmann illustrieren?

Die Zahl der Künstlerinnen und Künstler, die Werke E.T.A. Hoffmanns illustrieren, ist groß. Hoffmann selbst illustrierte zahlreiche seiner Werke. Das allererste und berühmteste Bild zu Der Sandmann stammt von Hoffmann selbst. Nach der Erstausgabe wurden Hoffmanns Werk häufig in Frankreich illustriert. Anschließend wurde Der Sandmann von britischen und deutschen Illustrator*innen umgesetzt. In den Jahren zwischen 1913 und 1925 wurden zwei deutsche Künstlerinnen bekannt, die Hoffmanns Der Sandmann illustrierten. Über die beiden Künstlerinnen Gustel Königer und Trude Goldberg ist leider nur wenig bekannt. Es lässt sich jedoch feststellen, dass Männer in diesem Bereich deutlich häufiger vertreten sind.

 

Sind die Illustrationen typisch für den Expressionismus?

Die expressionistischen Künstler *innen neigten dazu, Übertreibungen und Verzerrungen zu bevorzugen. Die Künstler und Buchillustratoren des Expressionismus wiesen eine hohe Übereinstimmung in ihren Fähigkeiten und Stilen auf. In diesem Zusammenhang ist auch auf Ausgaben hinzuweisen, die von Künstlern wie Ernst Ludwig Kirchner, Oskar Kokoschka und Alfred Kubin illustriert wurden. In diesem Sinne kann postuliert werden, dass die expressionistischen Künstler*innen für die Illustrationen prädestiniert waren. Die Werke aller expressionistischen Illustrator*innen sind durch einen hohen Abstraktheitsgrad gekennzeichnet.

Viele Illustrationen sind eher nach der Blütezeit des bildkünstlerischen Expressionismus entstanden, warum?

Es lässt sich vermuten, dass die Krise der Weimarer Republik von den Verlagen als Gelegenheit genutzt wurde, um das Publikum in eine Fantasiewelt zu entführen. Zudem könnte Hoffmanns hundertster Todestag ein weiterer Grund für die intensive Auseinandersetzung sein.

Gibt es andere Autor*innen, die im vergleichbaren Maße im Expressionismus illustriert wurden?

Es gibt auch andere Autoren, die im Expressionismus illustriert wurden, allerdings nicht in dem Maße wie Hoffmann. Die Kinder- und Hausmärchen (1812) der Gebrüder Grimm wurden vielfach am Anfang des 20. Jahrhunderts illustriert. Auch Adelbert von Chamissos Peter Schlemihls wundersame Geschichte (1814) wurde von namhaften Künstlern wie Emil Preetorius und Ernst Ludwig Kirchner illustriert.

Handelt es ich bei den Illustrationen besonders um Buchillustrationen und waren es mehr freie oder mehr Auftragsarbeiten?

Überwiegend waren es Buchillustrationen, die mit Hoffmanns Text zusammen erschienen sind. Alle Ausgaben waren Auftragsarbeiten. Es gab jedoch auch einen Künstler, Hugo Steiner-Prag, der Hoffmanns Werke aus eigenem Antrieb illustrierte. Einige seiner Illustrationen sind heute nicht mehr zugänglich.

Gibt es Verlage, die sich im besonderen Maße um künstlerische Ausgaben von Hoffmanns Werken verdient gemacht haben?

Der Kurt Wolff Verlag in Leipzig (Der goldene Topf, 1913) und der Georg Müller Verlag in München (Nachtstücke, 1913) waren die ersten deutschen Verlage, die Hoffmanns Texte illustriert herausgaben. Eine große Leistung erbrachte der Hans von Weber Verlag, in dem bis heute die meisten illustrierten Bücher erschienen sind, darunter Der Sandmann (1916) mit Ursteinzeichnungen von Gustel Königer und Der blonde Eckbert (1920) von Ludwig Tieck. Ein weiterer bedeutender Verlag ist der heute noch bestehende Ullstein Verlag.

Welche künstlerischen Techniken wurden besonders häufig verwendet?

Die meisten Illustrationen waren Federzeichnungen oder Kupferstiche; es gab keine Ausgabe von Der Sandmann mit Holzschnitten, obwohl diese damals üblich waren. In diesem Sinne unterscheiden sich Hoffmanns Illustrator*innen von anderen Expressionist*innen. Der abstrakte Charakter ihrer Bilder, verbindet die Künstler*innen miteinander. Statt einer wortgetreuen Illustration versuchten die Künstler*innen, die innere Welt des Protagonisten und seinen physischen Aufruhr zum Ausdruck zu bringen.

Gibt es Szenen des Sandmanns, die besonders häufig illustriert wurden?

Jeder Künstler und jede Künstlerin nehmen sich die Freiheit bei der Gestaltung der Szenen. Am häufigsten illustriert wurden die erste Begegnung von Coppelius und Nathanael im Labor des Elternhauses von Nathanael sowie das Weggehen von Coppola mit Olimpia in der zweiten Hälfte der Erzählung. Bemerkenswert ist auch, dass sich die Illustrator*innen in der Erzählung eher auf die Figuren Coppelius bzw. Coppola als auf die Figur des Nathanael konzentrieren. Fast die Hälfte der Illustrator*innen hat Nathanael überhaupt nicht dargestellt. Das Böse erweckt offenbar mehr Interesse als der hilflose Nathanael.

Welche Illustration hat Sie besonders beindruckend?

Besonders eindrucksvoll ist die Illustration von Hans Windisch aus dem Jahr 1924, die Coppelius surrealistisch im Labor darstellt. Diese Figur ähnelt dem Grafen Orlok aus dem Film „Nosferatu – Eine Symphonie des Grauens” von F. W. Murnau aus dem Jahr 1922, so dass eine Überschneidung von Text, Bild und Film zu erkennen ist.

Vielen Dank für das Interview!

 

Zum Buch

Sahib Kapoor
E.T.A. Hoffmanns Der Sandmann (1816) und seine Darstellung in expressionistischen Buchillustrationen
Würzburg: Königshausen und Neumann
ISBN: 978-3-8260-8390-7
2024
Epistemata – Literaturwissenschaft 

Ebook (StabiKat-Link)

Zum Autor

Sahib Kapoor ist ein in Indien lehrender Literatur- und Kunsthistoriker. Er lehrt Literatur und Kunstgeschichte am Center of German Studies der Jawaharlal Nehru University. 2018 wurde er mit der Goldmedaille der University of Delhi ausgezeichnet. 2022 erhielt er das renommierte Exzellenzstipendium der Schweizerischen Eidgenossenschaft. Er spezialisierte sich auf die deutsche Spätromantik und Kunstgeschichte und promovierte 2023 an der Jawaharlal Nehru University. Er sammelte umfangreiche Forschungserfahrung an verschiedenen ausländischen Universitäten und Institutionen, darunter die Universität Freiburg (Schweiz), die Universität Freiburg (Deutschland) und das Leo-Baeck-Institute (USA).

 

 

Neu erschienen: E.T.A. Hoffmann (1822–2022) – transdisziplinäre und transnationale Perspektivierungen, hrsg. von Lacheny/Viallet

Zum Inhalt

E.T.A. Hoffmann (1776–1822) ist einer der wichtigsten deutschen Erzähler des Märchenhaften und Wunderbaren. Der Meister des ­Phantastisch-Unheimlichen und des Grotesken gilt vielen als Hauptvertreter der „Schwarzen Romantik“. Sein Leben stand im Spannungsfeld von kreativem Genie und (selbst-)zerstörerischer Exzentrik. Hoffmann war und ist Inspirationsquelle für Kunstschaffende jeglicher Couleur und Herkunft. Dieser Band würdigt den facettenreichen Autor. In inter- und transdisziplinären Beiträgen hinterfragen die Autorinnen und Autoren die Gründe und Ursachen für die fortwährende Aktualität der Hoffmannschen Welt. Ihre Texte untersuchen zudem die Auswirkungen von E.T.A. Hoffmanns Werk auf das zeitgenössische Schaffen in den bildenden und visuellen Künsten. Sie geben damit neue Impulse für Forschung, Kunst und Literatur.

Herausgeberinnen

Dr. habil. Ingrid Lacheny lehrt Germanistik an der Universität Lothringen in Metz (Frankreich). Sie forscht und publiziert u. a. zur deutschen Romantik, zu Erzähltheorien, zum Wunderbaren und Phantastischen sowie zu inter- und transmedialen Themen.

Dr. Patricia Viallet ist Dozentin für Neuere Deutsche Literatur und deutsche Sprache an der Universität Jean Monnet in Saint-Étienne (Frankreich) und Mitglied des Forschungszentrums IHRIM/Saint-Étienne. Sie forscht und publiziert u. a. zu Literatur und Ästhetik der deutschen Romantik sowie zu Intermedialität.

Neuerscheinung: Ricarda Schmidt: Himmelstraum, Alptraum, und ‘träumerische Verwechslung des geistigen und leiblichen Genusses’: Schattierungen und strukturelle Funktionen des Traummotivs in E.T.A. Hoffmanns „Kater Murr“

published in Publications of the English Goethe Society, Volume 92 Issue 1 (2023)

ABSTRACT

In Hoffmanns Kater Murr wird viel geträumt: Menschen und Tiere haben sowohl Nacht- als auch Tagträume, die vom Komischen bis zum Angsterregenden reichen. Der Aufsatz untersucht, wie Tagträume kontrastiv als Mittel psychologischer Charakterisierung fungieren. Am Beispiel der nächtlichen Träume wird die Verflechtung des Romans in die theoretischen und intertextuellen Traumdiskurse seiner Zeit diskutiert, die sowohl spätaufklärerische wie romantische Aspekte umfassen. Träume werden als Signaturen von nicht-bewusstem Wissen sowie Zielen, Entwicklungen und Veränderungen gelesen, die innerhalb der äußerlichen Bruchstückhaftigkeit des Romans einen inneren Zusammenhang herstellen.

There is a lot of dreaming in Kater Murr: human beings and animals have dreams at night and during the day which range from comic to frightening. This essay examines how daydreams function contrastively as a means of psychological characterization. Taking the night-time dreams as an example, the essay explores the relationship of the novel to theoretical and intertextual dream discourses of its time, encompassing both late Enlightenment and Romantic aspects. Dreams are read as the embodiment of non-conscious knowledge, aims, developments, and changes; they create internal cohesion within the external fragmentariness of the novel.

Full article – kompletter Artikel frei zugänglich hier

 

Tünde Paksy: Raumpoetik und Doppelgängermotiv in E.T.A. Hoffmanns Roman Die Elixiere des Teufels. Peter Lang 2022.

Neuerscheinung: Tünde Paksy: Raumpoetik und Doppelgängermotiv in E.T.A. Hoffmanns Roman „Die Elixiere des Teufels“. Peter Lang 2022.

Ein Beitrag von Benjamin Schlodder

Gerade noch im E.T.A. Hoffmann Gedenkjahr ist die Monographie Raumpoetik und Doppelgängermotiv der ungarischen Germanistin Tünde Paksy zu Hoffmanns Elixieren des Teufels erschienen. Die bei Peter Lang publizierte Arbeit fokussiert sich auf die Präzisierung des gängigen Verständnisses des Romans, die Beschreibung des vollständigen Doppelgängernetzes sowie auf den Aspekt des Raums in den verschiedenen Ebenen des Texts. Der Verlag selbst schreibt zu der Veröffentlichung:

 

Das Buch untersucht E.T.A. Hoffmanns Roman Die Elixiere des Teufels. Nachgelassene Papiere des Bruders Medardus eines Capuziners mit dreifacher Zielsetzung: Zum Ersten präzisiert es anhand einer eingehenden textnahen Lektüre das gängige Verständnis des Texts in mehreren Punkten. Zum Zweiten ergänzt es die bisherige Forschung zu den Elixieren dahingehend, dass es über die Doppelgängerbezüge der Titelfigur hinaus das gesamte, vielfältige und mehrschichtige Doppelgängernetz beschreibt. Zum Dritten untersucht es den Aspekt des Raums auf verschiedenen Textebenen und prüft, wie von den konkreten Raumelementen und räumlichen Gegebenheiten der Geschichte auf die abstrakte semantische Struktur geschlossen werden kann.

 

Tünde Paksy studierte Germanistik an der Universität Debrecen (Ungarn), wo sie auch promovierte. Sie ist als wissenschaftliche Oberassistentin am Lehrstuhl für Deutsche Sprach- und Literaturwissenschaft der Universität Miskolc (Ungarn) tätig. Ihre Forschungsschwerpunkte sind E.T.A. Hoffmanns literarisches Werk, Narratologie und Untersuchungen zu Literaturverfilmungen.

Neuerscheinung eines Dialogbandes zu Hoffmanns Bamberg-inspirierten Werken

Bamberger Schlagabtausch über E.T.A. Hoffmann in sieben Dialogen

Bamberg, gelegen in der „anmutigsten Gegend“ Deutschlands, inspirierte den vielseitigen Schriftsteller E.T.A. Hoffmann (1776 – 1822) zu einigen seiner berühmtesten Geschichten. In einer höchst amüsanten und kenntnis­reichen Spurensuche spekulieren nicht nur Leute von heute in sieben Dialogen über Hoffmanns kompliziertes Leben und Werk.

„Der war fei gar ned lang am Deader!“, sinnieren Bamberger Gärtner vor dem Museum in der Mittelstraße über den Alltag des Dichters. Andere streiten sich heftig über seine Vorliebe für Viecher. Zwei Studierende wollen ein schauerliches Grusel-Video über seine grotesken Horrorgeschichten drehen. Sogar „Was ist schon normal?“ fragen Wissenschaftler.

„Also des gehd echd ned, des is gelogen!“ Hat die beleidigte Bedienung der Traditionsgaststätte Schlenkerla damit Recht?

Bamberger Schlagabtausch über E.T.A. Hoffmann in sieben Dialogen

Die Autorin Lydia Schieth war stellver­tretende Schulleiterin und Gymnasial­lehrerin in Regensburg, zuvor arbeitete die promovierte Germanistin am Lehrstuhl für Neuere deutsche Literaturwissenschaft der Universität Bamberg. 2012 erschien ihr erster Roman „Auf­geklärt und selbstbewusst“, 2019 ein Band mit Dialogen zu Theodor Fontane „Alltags verlangt man ein bisschen Esprit“. Lydia Schieth ist Mitglied der E.T.A. Hoffmann-Gesellschaft. Sie ist überzeugt: Die fantastische Welt E.T.A. Hoffmanns und Bamberg gehören zusammen.

Das Werk ist demnächst auch bei uns im StabiKat zur Ausleihe verfügbar.

Weitere Informationen

Veröffentlichung französischer Analysen von E.T.A. Hoffmanns Fantasiestücken

Neuveröffentlichung „Nouvelles Lectures des Fantasiestücke d’E. T. A. Hoffmann“ (Analysensammlung zu E.T.A. Hoffmanns Fantasiestücken)

Diese Ausgabe präsentiert eine Vielzahl von Analysen der Fantasiestücke Hoffmanns, dessen künstlerisches Schaffen essentieller Bestanteil der literarischen und kulturellen Entwicklung der Europäischen Romantik war. Inbegriffen sind Beiträge sowohl auf Französisch, als auch auf Deutsch.

Die kontinuierliche Hoffmann-Forschung zeigt noch immer, wie erzählerisch Hoffmanns Kunst, sowohl visuell, als auch klanglich, ist und somit eine Vielzahl Musiker:innen und zeitgenössische Grafikdesigner:innen bis heute inspiriert.

Denn schon allein Hoffmanns Literatur ist ein multidimensionales Medium mit Ironie, Witz und Fantasie, das Komik und Groteske weckt und den Akt des künstlerischen Schaffens zu einer lebendigen Energie macht, die der Künstler seinen Leser:innen vermitteln möchte.

Die Herausgeber:innen dieses Bandes möchten den Leser:innen helfen eben diese Energie für sich selbst zu entdecken und sie dazu animieren sich von Hoffmanns Fantasie inspirieren zu lassen.

Herausgeber:innen dieses Bandes sind: Ingrid Lacheny, Dozentin an der Universität von Lorraine (Metz) und Mitglied von CEGIL; Alain Muzelle, emeritierter Professor der Universität Lorraine (Nancy) und Mitglied von CEGIL; René-Marc Pille, Professorin an der Universität Paris 8 und Mitglied von l’UR « Les mondes allemands: histoire des idées et des représentations »; Frédéric Teinturier, Dozent an der Universität von Lorraine (Metz) und Mitglied von CEGIL.

Weitere Informationen finden Sie hier.

In Kürze wird das Werk auch in unserem Bestand vorhanden sein.

Neuerscheinungen der Herausgeber Jörg Petzel und Bernd Hesse

E. T. A. Hoffmann / Jörg Petzel (Hrsg.) / Bernd Hesse (Hrsg.):

Mit dem Kopf im Himmel und Füßen auf der Erde. Texte eines Universalkünstlers

Marix Verlag – 368 Seiten, mit s/w Abbildungen, Klappenbroschur

E.T.A. Hoffmann. Ein Lebensbild in Anekdoten

Eulenspiegel Verlag – 128 Seiten, gebunden

Sowohl ein Lesebuch, eine Werksammlung der Erzählungen, Märchen und Romane Hoffmanns, als auch eine Darstellung seines künstlerischen Schaffens in Anekdotenformat sind nun im Buchhandel erhältlich. Auch in der Staatsbibliothek zu Berlin werden sie bald zur Ausleihe verfügbar sein.

Beide Bände stellen die Vielseitigkeit von Hoffmanns Leben dar, welche sein Privatleben und seine berufliche und künstlerische Beschäftigung gleichermaßen prägte. So wird auch die Werksammlung „Mit dem Kopf im Himmel und Füßen auf der Erde, Texte eines Universalkünstlers“ nicht nur von seiner Literatur, sondern auch von seinen Karikaturen gefüllt, die er meist schelmisch unter Briefe zu malen pflegte. (Link zum StaBiKat)

Hingegen beschäftigt sich der Band „E.T.A. Hoffmann, ein Lebensbild in Anekdoten“ mit der Frage: „Wer war dieser einzigartige Dichter E.T.A. Hoffmann?“ und soll den interessierten Leser:innen einen speziellen, so faktentreuen wie amüsanten Blick auf seine Biografie anbieten. (Link zum StaBiKat)

Bernd Hesse/ Jörg Petzel: E.T.A. Hoffmann. Ein Lebensbild in Anekdoten

E.T.A. Hoffmann Lesebuch Prospektankündigung

 

 

 

 

 

 

 

 

 

In einem Video-Interview teilen die beiden Herausgeber ihre Begeisterung für Hoffmann, präsentieren ihre zwei neuen Veröffentlichungen und lesen kurze Ausschnitte daraus vor – was Sie am Freitag, den 8. Oktober im Fritz-Reuter-Museum auch live genießen können.

Jörg Petzel, Diplom-Germanist, Literaturwissenschaftler und Historiker. Mitherausgeber von E.T.A. Hoffmanns Sämtlichen Werken im Deutschen Klassiker Verlag 1985–2004. Seit 2007 Vizepräsident der E.T.A. Hoffmann-Gesellschaft. 2018 erschien sein Frankfurter Buntbuch Teufelspuppen, brennende Perücke, Magnetiseure, Hüpf- und Schwungmeister. E. T. A. Hoffmann in Berlin.

Bernd Hesse, Dr. jur. und Dr. phil, arbeitet als Rechtsanwalt und Autor zahlreicher Kriminalromane. 2009 erschien sein Buch Reflexion und Wirkung der juristischen Tätigkeit im Werk E. T. A. Hoffmanns.

Neuerscheinung: Benedetta Saglietti: La quinta sinfonia di Beethoven recensita da E.T.A. Hoffmann

Benedetta Saglietti: La quinta sinfonia di Beethoven recensita da E.T.A. Hoffmann.
Nel regno dell’infinito. Con un dialogo tra l’autrice e Riccardo Muti. Donzelli editore Roma 2020.

Im Mai erschien im italienischen Verlag Donzelli editore Roma die Rezension E.T.A. Hoffmanns zu Beethovens Fünfter Symphonie erstmalig in italienischer Sprache – übersetzt und kommentiert von der Musikhistorikerin Benedetta Saglietti. Ergänzt wird diese durch Zeugnisse zur Uraufführung, Schriften von Hector Berlioz und Johann Friedrich Reichardt, sowie einen Dialog der Autorin mit dem Dirigenten Riccardo Muti. In Kürze werden Sie diesen besonderen Band auch bei uns im Bestand finden. Bis dahin können Sie weitere Informationen, Rezensionen und Pressestimmen auf der Verlags-Website entdecken. Und hier schon einmal die Verlagsankündigung mit einigen Hintergrundinformationen:

„Beethovens Fünfte Symphonie ist eines der wichtigsten und bekanntesten Werke in der Musikgeschichte: sobald man davon spricht ertönt in unserem Kopf sofort sein prägnantes Anfangsmotto. Doch wie in diesem Buch erzählt wird, ist die Komposition auf sehr seltsame Weise berühmt geworden.

Die Geschichte der Fünften Symphonie begann am 22. Dezember 1808 in Wien, als sie unter unzähligen anderen Stücken zum ersten Mal in einem ebenso berühmten wie unglücklichen Konzert aufgeführt wurde. Die Schwierigkeit der Musik, eine unzureichende Anzahl von Proben, die Länge des Programms und die Kälte des Theaters führten dazu, dass das Konzert in einem Fiasko endete.

Obwohl Beethoven bereits ein berühmter Komponist war, schrieb ein Rezensent: „Niemand ist Prophet in seinem eigenen Land“. Beethoven wurde sehr wütend. Er befürchtete, dass Journalisten andere negative Artikel über seine Werke schreiben würden. Aber er hat sich gründlich geirrt. Sieben Monate nach dieser Uraufführung schickte Johann Friedrich Rochlitz, der Direktor des wichtigsten deutschen Musikmagazins (die Allgemeine musikalische Zeitung), die Reduktion der Symphonie für vier Hände nach Bamberg und bat einen seiner damals unbekannten Mitarbeiter, E.T.A. Hoffmann, um eine Rezension.

E.T.A. Hoffmann war es der zuerst erkannte, dass die Fünfte Symphonie zweifelsohne ein Meisterwerk war, erklärte dies laut in einem langen Aufsatz und bestimmte so das Schicksal dieses außergewöhnlichen Werkes. Wie die umfangreiche mehrsprachige Bibliographie zeigt, spielt die Rezension von E.T.A. Hoffmann eine zentrale Rolle in der Geschichte der Musikrezeption.
Bis jetzt in seiner integralen Form in Italien unveröffentlicht, erscheint diese Rezension, die zu den inspiriertesten aller Zeiten gehört, schließlich in italienischer Sprache – übersetzt und kommentiert von der Musikhistorikerin Benedetta Saglietti – zusammen mit anderen Zeugnissen über die Uraufführung und die Schriften von Johann Friedrich Reichardt und von Hector Berlioz. Diese Reise durch die fünfte Symphonie wird vom Dirigent eröffnet, der im Dialog mit der Autorin den Standpunkt des Interpreten verkündet.

Benedetta Saglietti: La quinta sinfonia di Beethoven recensita da E.T.A. Hoffmann.

 

Benedetta Saglietti ist eine vielseitige Forscherin. Sie ist Musikhistorikerin und Doktorin in Geschichte der Frühen Neuzeit sowie anerkannte Expertin für musikalische Ikonographie. Zu ihren wichtigsten Veröffentlichungen gehören: Beethoven, ritratti e immagini (Edt-De Sono, 2010); sie ist Herausgeberin von Una visita a Beethoven (La scuola di Pitagora, 2014) und mit G. Satragni von Strawinski von Alfredo Casella (Castelvecchi, 2016), neben anderen Aufsätzen und wissenschaftlichen Rezensionen. Sie nahm als freie Autorin am Sammelkatalog Ludwig van. Le mythe Beethoven (Gallimard, 2016), die große Ausstellung der Philharmonie de Paris, teil. Zusammen mit V. Manchia entwarf sie die virtuelle Choreografie von Schönbergs Pierrot Lunaire in Massins typografischer Transkription, die beim Stresa Festival 2018 uraufgeführt wurde. Sie ist tätig als Musikkritikerin und Digitalstrategin.“

Rezension zu Klaus Kanzog: E.T.A. Hoffmann und Heinrich von Kleist. Textbeobachtungen und Spurenelemente

Gastbeitrag von Prof. Dr. Anne Fleig, Freie Universität Berlin

Automaten und Doppelgänger, Traum und Somnambulismus lauten die Stichworte, die viele Leserinnen und Leser mit den Namen Kleist und Hoffmann verbinden. Auch die Forschung hat diese gemeinsamen Motive und Themen immer wieder behandelt. Hoffmann ist zudem einer der wenigen Zeitgenossen, der sich mehrfach anerkennend über den „herrlichen Kleist“ geäußert hat – so in einem Brief an Julius Hitzig vom 28. April 1812. Vor diesem Hintergrund zielen die „Textbeobachtungen“ von Klaus Kanzog darauf, „Spurenelemente“ einer affektiven Gegenwärtigkeit Kleists in Hoffmanns Schreiben herauszustellen, eine Gegenwärtigkeit, die immer wieder als Impuls für Hoffmann wirkt.

In vier Abschnitten folgt der Verfasser ausgedehnten Lektüren, die mit Hoffmanns vielfachen Bezugnahmen auf Kleists bekannte Erzählung Die Marquise von O… einsetzen und überzeugend Gemeinsamkeiten und Unterschiede im dialogischen Moment des Erzählens, in der Kommunikation mit dem Berliner Publikum, aber auch in der Auffassung des Themas herausstellen, die sich noch in der politischen Auseinandersetzung mit verschiedenen europäischen Befreiungskämpfen zeigen.

So verdeutlicht bereits das erste Kapitel die besondere Anziehung Hoffmanns durch einzelne Texte Kleists, die die folgenden drei kürzeren Abschnitte an weiteren Beispielen orchestrieren. Kleists Schreiben wirkt affizierend auf Hoffmann und bewegt ihn immer wieder zu eigenen Produktionen, sie führt Kanzog zufolge aber auch zu Reminiszenzen an besonders starke Aspekte oder Figuren wie anhand von Kleists Essay Über das Marionettentheater, dem Käthchen von Heilbronn und Michael Kohlhaas illustriert wird.

Der letzte Abschnitt gilt den beiden Autoren als „Preußen“, denn beide waren nicht nur gleichaltrig und durch die napoleonische Eroberung Europas geprägt, sie waren beide zumindest zeitweise preußische Staatsbedienstete und gerieten mit der Zensur in Konflikt: Hier sieht der Verfasser ein gemeinsames Rechtsbewusstsein am Werk, das auch Figuren wie Kohlhaas oder Meister Floh auszeichnet.

Der Band bietet immer wieder interessante Einsichten in die Texte von Kleist und Hoffmann und vermag durchaus ein Moment der Faszination zu vermitteln. Die vergleichenden Lektüren führen zu langen Textbeschreibungen, die nur sehr punktuell auf die umfangreiche Forschung zu beiden Autoren Bezug nehmen. Der Ertrag dieser „Textbeobachtungen“ liegt denn auch wesentlich darin, Wege für weitere Lektüren und vergleichende Analysen gespurt zu haben, um der affektiven Dimension der Bezugnahme Hoffmanns auf Kleist nachzugehen. Diese zeigt sich in einer zuerst impulsgebenden Faszinationskraft und dann anhaltenden Bindung Hoffmanns an Kleist, die sich noch im Aufbegehren gegen die preußische Obrigkeit manifestiert.

Neuerscheinung: E.T.A. Hoffmanns Stadterkundungen und Stadtlandschaften

 

E.T.A. Hoffmanns Stadterkundungen und Stadtlandschaften. Herausgegeben von Tiziana Corda / Jörg Petzel. Würzburg: Königshausen & Neumann 2018. 168 S.

Ende Dezember 2018 erschien der Tagungsband E.T.A. Hoffmanns Stadterkundungen und Stadtlandschaften.

Der Band enthält elf überarbeitete Vorträge namhafter Germanisten und Komparatisten, die 2017 bei der Berliner Tagung E.T.A. Hoffmanns Stadterkundungen und Stadtlandschaften referiert haben. Die Beiträge eröffneten neue, interessante Erkenntnisse und Anregungen über E.T.A. Hoffmanns Literarisierung von deutschen und italienischen Landschaften und Städten – Berlin, Rom, Neapel.

Berlin, das in mehreren Erzählungen – von Ritter Gluck über Das öde Haus bis hin zu Des Vetters Eckfenster – die historische Kulisse für Hoffmanns Stadtbeschreibungen darstellt, wird in allen Facetten beleuchtet.

Die preußische Hauptstadt, die um 1800 mit ihrem rasanten Bevölkerungswachstum zum beliebten Reiseziel wurde, erscheint in Hoffmanns Werk als Mikrokosmos und als Bündelung der Vielfalt auf kleinem Raum. Die Großstadt im Umbruch wird mit seinen düsteren und hellen Bruchstücken dargestellt. Gespensterhäuser (Das öde Haus), Weinkeller (Die Brautwahl), Gartenlokale (Ritter Gluck, Aus dem Leben dreier Freunde) mit einem bürgerlichen Publikum und grotesk wirkenden Außenseitern bilden das neue Szenario dieser Stadt. Der Antisemitismus, der sich seit den Befreiungskriegen gegen Napoleon in Preußen ausgebreitet hatte und der ein wichtiges Motiv in Erzählungen wie Die Brautwahl, Die Irrungen / Die Geheimnisse ist, wird unter Einbeziehung antisemitischer Literatur wie Carl Sessas Stück Unser Verkehr sowie Wilhelm d’Elpons Erzählung Herz der Große beleuchtet.

Anders als viele seiner Zeitgenossen ist Hoffmann bekanntlich nie in Italien gewesen und musste, mangels eigener Erlebnisse und Erfahrungen, mit zeitgenössischen Quellenwerken arbeiten. Die Stadt Rom fasziniert Hoffmann als teatro mundi und wird in seinen Erzählungen Prinzessin Brambilla und Signor Formica mithilfe literarischer Quellen wie u.a. Reisen eines Deutschen in Italien von Karl Philipp Moritz und Das Römische Carneval von Johann v. Goethe zum Schauplatz theatralischer Inszenierungen.

Kaum eine andere italienische Stadt ist in Hoffmanns Werk so präsent und so strukturprägend wie Neapel, die Stadt unter dem Vulkan. Das italienische Lokalkolorit und vor allem die für die Zeit typische und klischeehafte dargestellte Italianität besitzen in einigen Erzählungen (Ignaz Denner, Kater Murr) eine neapolitanische Prägung, die sich als ausschweifende heidnische Lebensart offenbart.

Der einführende Beitrag dieses Tagungsbandes Unter dem Vulkan. Goethe, de Sade, E.T.A. Hoffmann vermittelt die Faszination für den Vesuv als mysteriös-unheimliche Brutstätte und betont zugleich den interdisziplinären Charakter.

Im Kontrast zu Hoffmann und seinem Werk kommen in zwei Beiträgen auch italienische und deutsche Dichter zu Wort, die lange oder zeitweilig in Italien lebten.

Ludwig Tieck unternahm von Sommer 1805 bis Sommer 1806 ein romantisches Wandern von Stadt zu Stadt; die berühmten Städte auf seinem Hin- und Rückweg – Venedig, Bologna, Florenz, Rom – hat er in seinen Reisegedichte[n] eines Kranken gewürdigt.

Alessandro Manzoni hat hingegen die Metropole Norditaliens, Mailand, als Ort der Handlung für seinen berühmten historischen Roman I Promessi Sposi (erste Fassung 1827) gewählt: die konkrete, rationale Stadtbeschreibung löst sich von der romantischen Topografie und kündigt bereits den literarischen Realismus an.

 

Inhaltsverzeichnis

Patrizio Collini (Florenz): Unter dem Vulkan: Hoffmann, Sade, Goethe

Matteo Galli (Ferrara): Effet du réel und inemendabilità: Realismus reloaded bei E.T A. Hoffmann

Joachim Küpper (Berlin): Das Mailand von Manzonis I Promessi Sposi

Tiziana Corda (Berlin): Rom als Schauplatz des theatralischen Erzählens: Signor Formica und Prinzessin Brambilla

Elena Agazzi (Bergamo): Das öde Haus im Zeichen der Fledermaus. Stadtgeschichten, Landgeschichten

Walter Schmitz (Dresden): Ludwig Tieck: Stadtbilder – Stadtentwurf – Stadtwirklichkeit

Elena Giovannini (Bologna):E.T.A. Hoffmanns Ein Fragment aus dem Leben dreier Freunde: düstere und helle Bruchstücke der Großstadt Berlin

Klaus Deterding (Berlin): Hoffmann, der Türmer

Giulia Ferro Milone (Verona): Weiblichkeitskonstruktionen in E.T.A. Hoffmanns Lebens-Ansichten des Katers Murr und Meister Floh

Jörg Petzel (Berlin): Antijüdische Affekte oder vermeintlicher Antijudaismus in E.T.A. Hoffmanns späten Almanach-Erzählungen

Claudia Albert (Berlin): Von der Brambilla zur Branzilla. Kunst und Künste in kleinen wie großen italienischen Städten

 

Gastbeitrag von Frau Dr. Tiziana Corda, Berlin

Mehr zur E.T.A. Hoffmann-Rezeption in Italien