Ambrosius Kühnel
⟨27. Oktober 1807.⟩
Ew. WohlGeboren bin ich durch Herrn Itzig, der so eben von Leipzig kommt und der die Güte hatte Ihnen in meinem Namen ein HarfenQuintett zum Verlage anzubieten, bekannt geworden, und ich eile eine Verbindung anzuknüpfen, die mir in jeder Hinsicht äußerst angenehm sein würde. Sie haben gegen das erwähnte Quintett in C moll , das gegründete Bedenken aufgestellt, daß es seiner Schwürigkeit wegen wenig gesucht werden würde, indessen ist die HarfenPartie nicht allein auf dem Piano sehr ausführbar, sondern dieses letztere Instrument macht auch, wie ich mich selbst überzeugt habe, in dem Quintett eine sehr angenehme Wirkung. Man könnte daher sagen: Quintett für die Harfe oder das Pianoforte pp und vielleicht würden Sie unter dieser Modalität den Verlag des Quintetts, welches, wie ich glaube, wohl sein Glück machen würde, um so mehr übernehmen, als ich übrigens die Bestimmung des Honorars ganz Ihnen überlasse. Nach Hrn. Itzigs Anweisung lege ich ein Verzeichnis solcher von mir komponierter Stücke bei, die sich zum Verlage schicken würden. Auf größere und vorzüglich auf KirchenSachen werden Sie Sich indessen wohl nicht einlassen wollen; dagegen ist jetzt offenbar ein Mangel an neuen Sinfonien und eben so gibt es viele Klavierspieler, die indigniert von den leeren Tiraden der neuern Klavierkomponisten, sich nach etwas das im ältern Styl verbunden mit dem freundlicheren melodischen Schwunge der Neuern gesetzt ist sehnen. — Ohne Vorliebe für meine Sachen, der reinen Wahrheit gemäß kann ich behaupten, daß die Sinfonie ad 1., welche oftmals in dem Conservatorio in Warschau aufgeführt wurde, eine große Wirkung gemacht und die Kenner befriedigt hat, und daß eben so die KlavierSonaten 7, 8 in dem eben erwähnten Styl gesetzt und von guten Künstlern mit WohlGefallen gespielt worden sind, beide Sachen empfehle ich daher Ew. WohlGeboren ganz vorzüglich zum Verlage indem ich mich anzuweisen bitte, ob ich so frei sein darf sie Ihnen zu übermachen. Die Sinfonie ist nichts weniger als lang, der Aufwand des Stichs würde daher nicht zu groß sein. —
Unglücklich genug bin ich gewesen so lange an einem Orte verweilt zu haben, der meinem Bekanntwerden um so mehr entgegen war, als eine günstige Lage, und eine gute Ausführung meiner Kompositionen mich vollkommen befriedigte und mich ein weiteres Eindringen in die Musikalische Welt nicht sehr angelegentlich suchen ließ; jetzt hat der Krieg dies alles zerstört, indessen bin ich für mein Bekanntwerden nicht besorgt, da ich in Ew. WohlGeboren, nach allem dem was mir Hr. Itzig gesagt hat, den Mann zu finden hoffe, der ohne Vorurteil nicht auf den Namen, sondern auf die Sache sieht und überzeugt ist, daß diese den Namen , an dem der Haufe hängt, unfehlbar schaffen muß. Ich bitte dringendst um eine baldige Antwort und habe die Ehre mit der vorzüglichsten Hochachtung zu sein:
Ew. Wohlgeboren
ganz ergebenster Diener
Hoffmann
Berlin
Friedrichsstraße No 179
d. 27. 8br: 1807
Nach Ew. WohlGeb. gütigen mir durch Hrn. Itzig gegebenen Rate, habe ich mich dem Hrn. p Rochlitz empfohlen, ich lege den Brief mit der gehorsamsten Bitte ihn baldigst abgeben zu lassen, bei.
〈Anlage:〉
InstrumentalMusik
1. Sinfonie in Es dur für das große Orchester mit Pauken und Trompeten.
2. Ouverture in C dur } für das große Orchester
3. Ouverture in D dur }
4. Ouverture in F dur, für die Kirche (bestehend in einem Grave und einem darauf folgenden fugierten Satz)
5. Quintett für die Harfe oder das Piano in C moll .
6. Quintett für das Piano, 2 Violinen Bratsche und Baß in D dur.
7. Drei Sonaten für das Piano. (Sie sind nach der ältern Art gesetzt und bestehen meistens nur in einer Introduzzione im langsamen Tempo und einem darauf folgenden Kontrapunktisch gearbeiteten Allegro.) TonArten B moll. F moll. C dur.
8. Drei andere Sonaten den vorigen im Styl gleich.
VokalMusik
1. Missa solemne für das große Orchester mit Tromp: und Pauken.
2. Messe für 2 Soprane, 2 Violinen und Orgel. (für ein NorbertinerNonnenKloster in Pohlen gesetzt)
3. Einzelne Motetten, ein Ave Maria , ein Salve regina und andere vierstimmige Partien a capella , zum Teil leicht auszuführen.
4. Teutsche und italiänische Canzonetten und Duettinen.
D. 14 November 1807.
Berlin, Friedrichsstraße No 179
D. 14 November 1807.
P. P. Ganz gewiß würde ich Ihnen sogleich das nähere über meine persönliche Verhältnisse geschrieben haben, wenn ich nicht voraussetzen durfte, daß Sie durch Hrn. Itzig ganz genau davon unterrichtet wären. — Ich bin, wie Sie Sich wohl nach dem Verzeichnis der von mir komponierten Sachen, welches ich meinem letzten Briefe beilegte, vorstellen können, in der Setzkunst ganz erfahren, welches eine genaue Kenntnis der Instrumente voraussetzt. Ich spreche außer dem Teutschen französisch und italiänisch, und bin sowohl litterarisch als künstlerisch ausgebildet. Daß Sie es mit einem redlichen, tätigen Manne zu tun haben, darf daraus folgen, daß ich bis jetzt den wichtigen Posten eines Rates bei der Preuß: Regierung in Warschau bekleidete, den mir die Abtretung der Provinz an Sachsen geraubt hat. Nächstdem war ich, wie es auch durch die Leipziger Musikalische Zeitung bekannt geworden ist, Direktor und KapellMeister des großen Musikalischen Instituts in Warschau, und hatte als solcher das Amt die großen Musiken zu dirigieren. Ich bin jetzt 30 Jahr alt und verheiratet aber ohne Kinder.
Hier haben Sie nun alles wahr und offen über meine Persönlichkeit. — Zum Korrektor würde ich allerdings taugen und es sollte mir höchst erfreulich mit einem humanen Manne wie Sie in Verbindung zu treten, aber aufrichtig gesagt, das Gehalt von 14 rth ist so geringe, daß es, selbst bei den eingeschränktesten Ansprüchen, nicht möglich ist es annehmbar zu finden. Bin ich von 8 bis 12, und von 2 bis 7 Uhr beschäftigt, wenn soll ich dann noch für mich etwas verdienen durch Komponieren und andere Arbeiten? — Zum Komponieren bedeutender Sachen braucht man mehr als ein übriges Stündchen. — Ich fühle, daß ich mit meinen Kentnissen einer Musikhandlung als Korrektor und als Commis äußerst nützlich sein, und daß ich daher wohl auf etwas mehr Anspruch machen könnte, als auf einen Gehalt, der mich nicht nährt, ganz Ihrer Humanität, und Ihrem Zutrauen zu den Zeugnissen des Hrn. Itzig und anderer sachkundiger Männer in Berlin, überlasse ich es aber, in wie fern Sie mir ein〈en〉 etwas annehmlicheren Antrag machen wollen, indem ich nur bemerke, daß sich mir Aussichten in Lucern und Bamberg zu einer MusikDirektorstelle geöffnet haben, wiewohl ich es vorziehen würde in Leipzig zu leben, und um so mehr mit Ihnen in Verbindung zu treten, als Sie allgemein den Ruf einer ausgezeichneten Liberalität haben. — Sie schweigen ganz davon, ob Sie es nicht mit einem Werke von mir als VerlagsStück versuchen wollen — wenigstens bitte ich Sie mir zu schreiben, ob ich Ihnen nicht wenigstens eine Sinfonie oder ein Paar Sonaten schicken darf — urteilen Sie dann selbst, ob es wohl verlohnen würde die Kompos〈itionen〉 in Verlag zu nehmen oder nicht. Recht dringend erbitte ich mir eine baldige gütige Antwort um meine Maßregeln darnach nehmen zu können. Sollten Sie geneigt sein eine Verbindung mit mir anzuknüpfen, so würde ich vielleicht selbst nach Leipzig kommen um das nähere mündlich zu verabreden. — Noch bin ich in Teutschland unbekannt, indessen wird es mir über kurz oder lang gelingen durchzudringen — dann hätte〈n〉 Sie die gerechtesten Ansprüche auf die Werke des bekannten Komponisten , da Sie es waren, der das Werk eines zur Zeit unbekannten Komp . der Welt vorlegte.
Hat Hr. p Rochlitz meinen Brief erhalten, noch habe ich keine Antwort erhalten.
Ihr
ergebener
Hoffmann
Berlin den 12 Dezbr: 1807.
Mit jedem Tage hoffte ich etwas entscheidendes über mein künftiges Fortkommen zu erfahren und Ihnen dann eine bestimmte Erklärung abgeben zu können, allein vergebens; um so weniger darf ich aber jetzt zögern Ihr gütiges Schreiben vom 26. Novbr. d. J. zu beantworten als ich sonst in den Verdacht geraten könnte Ihren wohlwollenden Anträgen nicht die gebührende Aufmerksamkeit zu schenken. — Eigentliche Handlungskenntnisse besitze ich zwar nicht, indessen erlernt ein preußischer Geschäftsmann so etwas wohl bald und daß ich dieses war muß Ihnen auch schon für meine Treue und Redlichkeit bürgen. — Ich rechne fertig und das Buchführen ist mir deshalb nicht fremd, weil die Verwaltung der Depositorien in preußischen Kollegien es ebenfalls erfordert; daß ich im Briefstyl geübt bin und eine gute Hand schreibe zeigt Ihnen meine Korrespondenz. — Ende dieses Monats könnte ich mich bestimmt erklären, vorläufig schlage ich Ihnen vor mir bloß in Leipzig freie Station zu geben, wofür ich Korrekturen und andere kleinere Arbeiten in Ihrer Handlung übernehmen und so Ihnen gewiß sehr nützlich sein würde. — Noch immer waren Sie nicht so gütig, mir nur ein Wort darüber zu sagen, ob ich Ihnen etwas von meiner Komposition schicken soll; selbst beurteilen können Sie ja dann ob der Verlag meiner Musik vorteilhaft sein würde oder nicht. Hr. p Rochlitz hat sich über eine kleine von mir ihm zugeschickte Arbeit sehr günstig erklärt und mir versprochen meinen Kompositionen in der Musik〈alischen〉 Zeit〈ung〉 den Ruf zu verschaffen den sie verdienen. Dringendst bitte ich Sie mir hierüber etwas zu sagen denn Sie können es leicht denken wie es mir auch in merkantilischer Hinsicht in dieser magern Zeit daran gelegen sein muß für meine Werke einen honetten Verleger, wie Sie es gewiß sind, zu finden. Versuchen Sie es mit einem jungen Künstler, vielleicht schlägt es besser an als man wohl denken möchte — so war es ja schon oft der Fall.
Ihr ergebenster
Hoffmann