Programmheft
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Am 14. November 2014 feierte Hoffmanns Klein Zaches genannt Zinnober Premiere. Dabei handelte es sich nicht allein um die Premiere einer Inszenierung, sondern ein neues, experimentelles Opern-Genre erblickte am Musiktheater im Revier (MiR) in Gelsenkirchen das Licht der Welt: Hoffmanns Prosa-Märchen wurde in Kooperation mit der Neuen Philharmonie Westfalen und der Band Coppelius als ›Steampunk-Oper‹ uraufgeführt. Die Inszenierung war so erfolgreich, dass das MiR das Stück in der Spielzeit 2018/2019 wiederaufgenommen hat.
Dr. Stefanie Junges, geb. 1986, studierte Erziehungswissenschaft und Germanistik in Bochum, Promotion 2018 zu »Oszillation als Strategie romantischer Literatur«; 2015-2018 Stipendiatin der Stiftung Bildung und Wissenschaft. Lehrbeauftragte am Germanistischen Institut der Ruhr-Universität (NdL, Komparistik) und Ausschussmitglied der E.T.A. Hoffmann-Gesellschaft Bamberg. (→ Forscherinnenprofil)
Die kreative Zusammenarbeit zwischen Coppelius, dem Musiktheater im Revier und der Neuen Philharmonie Westfalen kam durch den Generalintendanten Michael Schulz zustande. Er lernte die Berliner Band kennen und war sogleich begeistert von ihrer Musik und Bühnenpräsenz. Dass die Musiker schon immer davon träumten, ein Opernwerk auf die Bühne zu bringen, besiegelte schließlich das Vorhaben.
Die Subkultur des Steampunk eignet sich laut Regisseur Sebastian Schwab »hervorragend«, um Hoffmanns künstlerisches Schaffen auf der Bühne in Szene zu setzen. Der Autor, der zu Beginn der Oper an seinem Schreibtisch sitzt, fungiert gleichsam als »Tüftler« und Maschinist, der eine Geschichte zum Leben erweckt. Die Figuren des Märchens sind das Produkt dieser von Dampf und Zahnrädern betriebenen Maschine und treten aus ihr heraus. Hoffmanns Faszination für Automaten und Maschinen macht ihn in Schwabs Augen retrospektiv als »Autor des Steampunk«.
Schon der Name der Band verdeutlicht ihre thematische Ausrichtung. Dabei sind nicht nur ihre musikalischen Werke von E.T.A. Hoffmann inspiriert, sondern die Band inszeniert sich insgesamt als Kunstprojekt. Die sechs Herren mit Gehrock, Zylinder und Vatermörder geben in ihren fiktiven Biographien an, Sandkastenfreunde des berühmten Autors gewesen zu sein. Durch die Selbstinszenierung als Sprösslinge des 18. bzw. 19. Jahrhunderts und durch ihren rockigen Sound, der fast ausschließlich auf klassischen Instrumenten erzeugt wird, haben sie sich schnell als eine der wichtigsten und authentischsten musikalischen Vertreter der deutschen Steampunk-Szene etabliert.
Die Besonderheit dieser Oper ist nicht allein ihr neues, experimentelles Genre, dass sich zwischen Oper, Schauspiel, Konzert und Musical bewegt, sondern dass die Bandmitglieder sowohl an der Komposition der Stücke beteiligt sind, auf der Bühne ihre Instrumente spielen und zusätzlich Figuren des Märchens verkörpern. Das bedeutet in erster Linie eine Herausforderung des Regisseurs: Er muss immer wieder phantasievolle »Lösungen für die Bühne« aufbieten, was Schwab selbst als »etwas hoffmannesk« bezeichnet.
Die Detailtreue und Textnähe der Aufführung lassen sich ebenfalls im »besten Sinne des Wortes« als hoffmannesk bezeichnen. Zentrale Aspekte des Märchens, wie die darin enthaltene Aufklärungskritik, aber auch typisch Hoffmannsches werden zum tragenden Element der Inszenierung, insbesondere sein Faible für komisch-groteske Figuren. Humor ist während der Aufführung allgegenwärtig und Schwabs Credo, Hoffmann »in seiner Fantasie ernst zu nehmen« und das Märchen als einen »leicht hingeworfenen Scherz« zu präsentieren, wie es der Autor einst selbst sagte, kommen umfassend zur Geltung.
Dass der »Dichterfürst« E.T.A. Hoffmann Schwab bei seiner dramatischen Umsetzung seines Prosa-Märchens durchgehend begleitet, zeigt sich direkt zu Beginn der Oper, wenn Hoffmann selbst die Bühne betritt. Die innere Zerrissenheit des Autors, die sich in seinem Œuvre immer wieder im Doppelgängermotiv manifestiert, findet auch auf der Bühne ihren Platz: Hoffmann, gemimt von Rüdiger Frank, startet die Opern-Maschinerie zu Beginn und zerstört sie am Ende.
Regisseur Sebastian Schwab glaubt, Hoffmann hätte an dieser modernen »Umsetzung der Geschichte Spaß gehabt: Beginn und Ende von einem großen klassischen Orchester gestaltet zu hören und dazwischen die Rocksongs der Coppelianer, die die Charaktere der handelnden Figuren in ihrem Witz, ihrer Melancholie oder auch Ironie in Musik und Spiel so gut zu treffen verstehen.«
Regie: Sebastian Schwab
Musikalische Leitung: Thomas Rimes
Komposition: Thomas Rimes, Le Comte Caspar, Max Coppella
Songtexte: Le Comte Caspar, Max Coppella, Graf Lindorf
Darsteller: Rüdiger Frank (E.T.A. Hoffmann, Klein Zaches)
Ulrike Schwab (Fee Rosabelverde, Candida)
Bastille (Balthasar)
Le Comte Caspar (Fabian)
Graf Lindorf (Liese, Prosper Alpanus)
Max Coppella (Pfarrer, Sbiocca)
Sissy Voss (Mosch Terpin)
Nobusama (Gehilfe von Prosper Alpanus)
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Was war denn das
UFO
Nimm dies, nimm das
Applaus