Ein Fragment aus dem Leben dreier Freunde
Der Erstdruck erschien im Almanach „Der Wintergarten“ 1818, die Hoffmann dann 1819 in den ersten Band der „Serapions-Brüder“ aufnahm.
Im Weberschen Zelt des Berliner Tiergartens erzählen sich drei Freunde Gespenstergeschichten und verlieben sich in das selbe Mädchen. Die beiden ahnungslosen und abgewiesenen Mitbewerber erfahren ein Jahr später von ihrem Freund, dass er das Mädchen geheiratet hat.
Getreu dem „serapiontischen Prinzip“ wird die Erzählung in der Buchfassung kurz kritisiert.
„Du hattest, sprach Theodor, bestimmten Anlaß, die Szene des Stückes nach Berlin zu verlegen und Straßen und Plätze zu nennen. Im Allgemeinen ist es aber auch meines Dünkens gar nicht übel den Schauplatz genau zu bezeichnen. Außerdem, daß das Ganze dadurch einen Schein historischer Wahrheit erhält der einen trägen Fantasie aufhilft“. Der Erzähler Ottmar bemerkt darauf selbstkritisch: „Denn in der Tat, in dem ich meine Erzählung las, fühlte ich es deutlich, daß sie zu wenig fantastisch ist, sich zu sehr in den gewöhnlichen Kreisen bewegt.“ (SW IV, S. 176)
Dabei versucht Hoffmann gleich zu Beginn den bürgerlichen Ablauf mit fantastischen Elementen zu garnieren. Der Erzähler Alexander, der im Weberschen Zelt seinen Freunden Kaffee (statt Wein) einschenkt, lässt die biedere Haushälterin seiner verstorbenen Tante als „kleines gespenstisches Wesen“ auftreten, die ihn an Kleists Erzählung „Das Bettelweib von Locarno“ erinnert. (SW IV, S. 176) Entzauberte Phantastik, Überspanntheit konfrontiert Hoffmann mit Profanem; das Gespenst genehmigt sich Magentropfen (SW IV, S. 138 f.).
Die Geschichte spielt zwar in Berlin, doch die genauen Ortsangaben und Straßennamen repräsentieren kein Milieu, vielmehr suggerieren sie nur einen scheinbaren Realismus. Vorherrschend bleibt Brüchigkeit und Doppelbödigkeit. (Segebrecht, SW IV, S. 1308)
Jörg Petzel hat nach langjähriger Arbeit als Buchhändler und Antiquar Germanistik, Geschichte und Kommunikationswissenschaften in Bamberg studiert. Er ist Vize-Präsident der E.T.A. Hoffmann-Gesellschaft und Mitherausgeber sämtlicher Werke E.T.A. Hoffmanns im Deutschen Klassiker Verlag; Arbeiten zu E.T.A. Hoffmann, Friedrich de la Motte-Fouqué, Arno Schmidt und Franz Fühmann.
(→ Forscherprofil)
Literatur
E.T.A. Hoffmann: Sämtliche Werke in sechs [in sieben] Bänden. Hg. v. Hartmut Steinecke und Wulf Segebrecht, unter Mitarbeit von Gerd Allroggen, Friedhelm Auhuber, Hartmut Mangold, Jörg Petzel und Ursula Segebrecht. Frankfurt am Main : Deutscher Klassiker-Verlag 1985- 2004.