Friedrich Rochlitz
⟨10. Mai 1808.⟩
WohlGeborner Herr HofRat!
Es ist eine lange Zeit verflossen, seit ich von Ew. Wohl-Geboren die freundliche Zusicherung Sich meines Bekanntwerdens in der Künstlerwelt gütigst anzunehmen, erhielt; ich habe in dieser Periode mit den drückendsten Verhältnissen gekämpft und beinahe erlegen, bis sich denn nun endlich ein Unterkommen für mich als Künstler fand. Das Theater in Bamberg wird diesen Sommer neu organisiert und ich bin, empfohlen durch die Komposition einer Oper, deren Dichter der ReichsGraf von Soden ist, als Musik-Direktor angestellt worden, gedenke auch in kurzer Zeit dahin abzugehen. Auch mit meinen Kompositionen glückt es mir endlich hervorzutreten; Hr. Naegeli in Zürich nimmt Sonaten von mir, welche durchgehends thematisch gearbeitet sind, in das repertoire de〈s〉 clavecinistes auf, und eben jetzt ist auch eine Kleinigkeit von mir bei Werckmeister erschienen. Es sind drei Canzonetten mit italiänischem und teutschen Text welche ich Ew. WohlGeboren zu überreichen die Ehre habe.
Glauben Ew. WohlGeb. nicht, daß ich auf diese Komposition einen besondern Wert lege, indessen scheint es mir, daß der Gesang faßlich und die Begleitung einfach sei, ich daher gewöhnliche Fehler jetziger Komponisten, welche im barocken Gesange und überhäufter Begleitung Originalität suchen, vermieden hätte. Sollten Ew. Wohl-Geb. an diesen Canzonetten einigen Gefallen finden und sie vielleicht der Bekanntwerdung durch die Musikalische Zeitung wert achten, so würde mein innigster Wunsch befriedigt. Ew. WohlGeb. versprachen mir gütigst, daß meine Kompositionen einen der Sache kundigen unparteiischen Rezensenten finden sollten, und dieses Versprechen begreift alle meine Wünsche in sich und hebt jeden Zweifel, jede Besorgnis, die ich wegen meines ersten Auftretens hatte. Möchten Ew. WohlGeb. nur überzeugt sein, daß ich von jedem Eigendünkel weit entfernt bin und mich ein wahrer Eifer für die Kunst, der den gerechten Tadel nicht scheut, beseelt. —
Verzeihen Ew. WohlGeb., daß ich schon jetzt den Wunsch offen äußere, dessen Erfüllung ich erst dann, wenn mein KünstlerRuf durch wichtige Werke begründet ist, hoffen darf; es ist kein andrer, als daß Ew. WohlGeb. Sich einst entschließen möchten mir ein von Ihnen gedichtetes Singspiel zur Komposition anzuvertrauen. Wie sehr würde ich mich beeifern meine Musik einem Texte, der sich gewiß so sehr von den gewöhnlichen Machwerken auszeichnen würde, an die schöne Musik verschwendet wurde, anzugleichen.
Erlauben Ew. WohlGeb. daß ich ein kleines Lied, dessen Melodie ich so, wie sie gesetzt ist, gleich bei dem Lesen der höchst interessanten Verse dachte, beilege, auf der Rückseite habe ich die AnfangsSätze der 3 von mir komponierten Sonaten die Hr. Naegeli ins repertoire einrücken will hingesetzt um jedem Mißverstand vorzubeugen.
Vielleicht habe ich in kurzer Zeit das Vergnügen Ew. WohlGeb. persönlich die unbegrenzte Hochachtung zu versichern mit welcher ich die Ehre habe zu sein
Ew. WohlGeboren
ganz ergebenster Diener
Der MusikDirektor Hoffmann.
Berlin
D. 10 t Mai 1808.
⟨Bamberg, 12. Januar 1809.⟩
WohlGeborner Herr HofRat!
Ew. WohlGeboren gegen mich geäußertes gütiges Wohlwollen macht es mir zur angenehmen Pflicht Ihnen von dem weitern Fortgang meiner KünstlerLaufbahn Nachricht zu geben. — So wünschenswert mir meine Anstellung als MusikDirektor bei dem hiesigen Theater schien, so ganz anders fand ich doch die Verhältnisse, und ich würde, wenn ich alles, was sich ereignen würde, nur hätte ahnden können, großen Anstand genommen haben, herzugehen. Graf Soden hat, wie Ew. WohlGeboren aus den öffentlichen Blättern bekannt sein wird, die ganze Entreprise einem gewissen Heinrich Cuno abgetreten, dieser aber die Organisation des Theaters so ohne alle Sachkenntnis und so verkehrt angefangen, daß in kurzem die völlige Auflösung des Ganzen bevorsteht. — Zu einer guten Oper z. B. fehlt es an allen Erfordernissen; an Sänger〈n〉, Sängerinnen, Orchester u. s. w. Auf meinen Rat, wie das Ganze nur zu irgend einem Grad von Vollkommenheit zu erheben wäre, wurde nicht geachtet, und statt auf meine Kenntnisse etwas zu geben fand es Hr. C〈uno〉 sogar anstößig, daß ich mich nicht darauf einlassen wollte die Sänger mit der Violine zum Singen wie die Vögel zum Pfeifen abzurichten sondern den Gesang kunstmäßig beim Flügel einstudieren wollte. Dies mit dem Umstand, daß die Gage durchaus nicht richtig gezahlt wurde, so wie, daß ich alle meine Zeit ganz grundlos verschleudern mußte, veranlaßten meine mehrere Entfernung vom Theater. — MusikDirektor bin ich zwar geblieben, besorge indessen nur die GelegenheitsKompositionen z. B. Märsche, Gesänge pp, die in Schauspielen vorkommen, und die Komposition der Ballette und bekümmre mich weder um das Einstudieren noch Dirigieren, welches ich dem Konzertmeister Dittmayer überlassen habe. Für meine jetzige TheaterArbeit erhalte ich 30 rth Gage welches zu meinem Unterhalt nicht hinreichen würde, wenn ich mir nicht NebenEinkünfte durch den Unterricht im Singen, den ich in einigen der hiesigen ersten Häuser erteile und den man sehr schätzt, verschaffte. Überhaupt ist es mir gelungen das hiesige Publikum für mich zu interessieren so daß wenn auch das Theater einstweilen ganz eingehen sollte meine Existenz gesichert ist, und nur ein anderes gutes fixiertes Unterkommen könnte mich von Bamberg entfernen. — In meiner jetzigen Lage habe ich Muße genug mich ganz dem zu überlassen, wohin mich meine ganze Neigung zieht; ich meine das Studium der Komposition. — Auf das hiesige Theater habe ich keine meiner Opern bringen mögen, denn nur eine höchst erbärmliche Ausführung konnte ich erwarten, und die schlechte Wirkung wäre gewiß von dem größten Teil des Publikums dem jungen unbekannten Komponisten zugeschrieben worden; Graf Soden wird indessen jetzt wohl seinen Trank der Unsterblichkeit auf das Würzburger Theater bringen, welches besser als das hiesige organisiert sein soll, und so meiner Musik Eingang verschaffen. — Viel zu meinem Emporkommen wenigstens bis zu einem sorgenfreieren freieren Zustande hat ein Prolog den ich zum NamensTage der sich jetzt hier aufhaltenden Prinzessin von Neufschatel nach Hrn. Cunos Anordnung dichtete und in Musik setzte beigetragen. Dieser Prolog (die Pilgerin) gefiel, mußte auf Verlangen des Publikums wiederholt werden, und die Mutter der Fürstin, Herzogin und PfalzGräfin von Bayern, ließ mir ein angenehmes Geschenk dafür zukommen, welches meinen häuslichen Zustand in Ordnung brachte. — Verzeihen Ew. WohlGeboren meine Umständlichkeit, nur der Gedanke, daß Sie für die Kunst ganz leben, und daß Sie daher wohl auch die Schicksale eines Mannes, der in die KünstlerWelt eintritt, interessieren, konnte mich bestimmen Ihnen so viel von meinem hiesigen Tun und Treiben zu sagen. —
Ich wage es einen kleinen Aufsatz, dem eine wirkliche Begebenheit in Berlin zum Grunde liegt, mit der Anfrage beizulegen, ob er wohl in die Musik〈alische〉 Zeitung aufgenommen werden könnte? — Ähnliche Sachen habe ich ehmals in oben erwähnter Zeitung wirklich gefunden zB. die höchst interessanten Nachrichten von einem Wahnsinnigen, der auf eine wunderbare Art auf dem Klavier zu fantasieren pflegte. — Vielleicht könnte ich mit der Redaktion der Mus〈ikalischen〉 Zeitung in nähere Verbindung treten und zuweilen Aufsätze und auch Rezensionen kleinerer Werke einliefern. Ew. Wohl-Geboren würden mich ganz außerordentlich verbinden, wenn Sie die Güte hätten Sich dafür zu interessieren und mich mit den Bedingungen unter denen es geschehen könnte bekannt machten. — Die Tendenz des beigelegten Aufsatzes werden Ew. WohlGeb. gewiß nicht verkennen. —
Auf das angelegentlichste empfehle ich mich Ew. Wohl-Geboren gütigem Wohlwollen und habe die Ehre mit der ausgezeichnetsten Hochachtung zu sein:
Bamberg.
Zinkenwörth bei dem Schönfärber
Schneider.
D. 12 Jan 1809.
Ew. WohlGeboren
ganz ergebenster Diener
Hoffmann. Um eine baldige gütige Antwort bitte ich ganz gehorsamst.
Bamberg den 29 Jan:
Ew. WohlGeboren sehr gütiges Schreiben vom 19 d. M. das ich jedoch erst den 25 erhielt würde ich schon früher beantwortet haben wenn ich nicht einige Tage hindurch aus aller häuslichen Ordnung gekommen wäre indem mich die große Überschwemmung, welche am 25. Abends eintrat, aus meiner dicht am Ufer der Rednitz gelegenen Wohnung vertrieben hatte. —
Die Bedingungen unter welchen Sie mich zum MitArbeiter an der Musik〈alischen〉 Zeitung zulassen wollen sind, wie ich sie mir dachte, ganz der Sache angemessen und mir sehr angenehm. — Sinfonien, Ouverturen, Quartette, Quintette, nächstdem KlavierSonaten, dergleichen Quart〈ette〉 und Trios, von KirchenMusik indessen höchstens nur Messen von kleinerm Umfange kann ich hier oft und recht gut hören und also auch gründlich darüber urteilen, indem es sich von selbst versteht, daß es meine Pflicht ist, habe ich die Partitur nicht zur Hand, mir zweifelhafte Stellen selbst in Part〈itur〉 zu setzen. Was Aufsätze anderer Art betrifft, so werde ich mir dann und wann eine kleine Anfrage über einen von mir gewählten Gegenstand erlauben, übrigens aber gewiß nie irgend einen kleinen Unmut hegen, wenn die Redaktion etwas von mir nicht in die Zeitung aufnehmen sollte. Ich bemerke indessen, daß etwa einzelne anstößige Sätze die Aufnahme des Ganzen nicht verhindern sollen, denn diese bitte ich ohne weiteres wegzustreichen; überhaupt werde ich es mit Dank erkennen wenn Sie, VerEhrungswürdger Herr HofRat! Sich meiner Aufsätze annehmen, und was zu breit geraten, abkürzen wollen, wie Sie es schon jetzt mit dem Ritter Gluck tun werden, denn mein Manuskript kann dadurch nur gewinnen. Von jeder schriftstellerischen Eitelkeit bin ich weit entfernt und auch geneigt, von jedem Künstler das beste zu glauben so bald nicht das Gegenteil deutlich konstiert; zu dem gerügten Ausfall gegen W〈eber〉 konnte mich daher auch nur der tiefe Ärger aufregen, den ich in B〈erlin〉 empfand wenn ich die hohen Meisterwerke Mozarts erst auf dem Theater mißhandeln sah‘ und denn darüber so gemein aburteilen hörte als wären es Exercitia eines Anfängers. —
Über das hiesige Theater läßt sich sehr viel sagen, was auch ein allgemeines Interesse haben muß; ohne von mir selbst zu sprechen geht es nicht ab, und daß Sie dennoch mich zum Ausarbeiten eines solchen Aufsatzes auffordern ist mir ein ungemein angenehmer Bewei〈s〉 Ihres Zutrauens, das mir beständig zu erhalten m〈ein〉 eifrigstes Bestreben sein wird. — In so fern ich mich se〈lbst〉 in jenem Aufsatze berühre werde ich mich treu un〈d〉 gewissenhaft an das Urteil des Publikums halten und so mir selbst nur das Organ der öffentlichen Meinung sein.
Worum ich übrigens noch gehorsamst bitten muß wäre, daß mir zur Ausarbeitung etwaniger Rez〈ensionen〉 eine nicht zu kurze Frist vergönnt würde, inde〈m〉 ich sonst nicht so gründlich arbeiten könnte als ich e〈s〉 wünschte; dann könnten mir bei Zusendung größerer Werke vielleicht auch kleine〈re〉 Gesangstücke oder KlavierAuszüge von Opern z〈ur〉 Rez〈ension〉 beigelegt werden; denn durch Rez〈ensionen〉 solche〈r〉 Art würde ich vielleicht zum Aufkommen des bessern Gesanges in Teutschland wirken können.
Auf das angelegentlichste empfehle ich mich Ew. Wohl-Geboren gütigem Wohlwollen und habe die Ehre mit der ausgezeichnetsten Hochachtung 〈zu〉 sein
Ew. WohlGeboren
ganz ergebenster Die〈ner〉
Hoffmann.
⟨8. März 1810.⟩
WohlGeborner Herr Hofrat!
Ew. WohlGeboren haben schon auf mannigfache Weise mir Ihr gütiges Wohlwollen bewiesen und hierauf gestützt wage ich es in einer Angelegenheit, welche die günstigere Wendung meiner jetzigen sehr beschränkten, prekairen Lage bezweckt, um Ihre gütige Vermittlung zu bitten. — Hr. Joseph Seconda organisiert aufs neue eine Oper und so eben erfahre ich daß er einen MusikDirektor sucht. Ich glaube meine Qualifikation zu einer solchen Stelle schon bewiesen zu haben und wünschte recht sehr, da mir der Aufenthalt in Leipzig und Dresden in jeder Hinsicht sehr schätzbar sein würde, auf jene Art unterzukommen; wenn die Stelle in diesem Augenblick nicht etwa schon vergeben sein sollte. Wie sehr würden mich Ew. WohlGeboren lebenslang verbinden wenn Sie die Gewogenheit hätten Sich für meinen Wunsch zu interessieren und ich bin daher so frei Ihnen einen Brief an Herrn S〈econda〉, der meinen Antrag enthält, beizulegen. — Die Auflösung des hiesigen Theaters hat mich darauf reduziert meinen Unterhalt bloß durch Informat〈ion〉 in der Musik, die noch dazu sehr schlecht bezahlt wird, zu erwerben und Sie können denken, wie dies mühsame Geschäft, das ich, um leben zu können, den ganzen Tag über treiben muß, mich für jede höhere Arbeit abstumpft. — Ein fixierter Posten bei einem, wie ich hoffen darf, soliden Theater würde mich dagegen in den WirkungsKreis, der meine Kunst gedeihen läßt, versetzen. — Rechnen Ew. WohlGeboren mei〈ne〉 Bitte dem unbegrenzten Zutrauen, das ich zu Ihnen, zu Ihren gütigen Gesinnungen hege zu, und haben Sie die Güte mich recht bald nur mit einige〈n〉 Zeilen, die mich über meine Aussichten belehren, zu erfreuen. Mit der ausgezeichnetsten Hochachtung habe ich die Ehre zu sein
Ew. WohlGeboren
ganz ergebenster Diener
Hoffmann
Bamberg
D. 8 März 1810
Bamberg d. 23 8br. 1811.
WohlGeborner HochZuVerEhrender Hr. Hofrat!
Der mir von der Red〈aktion〉 der Mus〈ikalischen〉 Zeit〈ung〉 gegebenen Anweisung zufolge übersende ich in der Anlage die Rezension der Spohrschen Sinfonie und zwar zur Beschleunigung durch die reitende Post mit dem gehorsamsten Bemerken daß die Partitur mit der fahrenden Post nachfolgt an Ew. WohlGeboren unmittelbar. — Es ist ein schönes bedeutendes Werk und um so mehr habe ich geglaubt die Sache sehr genau nehmen zu müssen weshalb ich denn auch nicht eher die Rez〈ension〉 schreiben mochte bis ich mehrmals die Sinfonie von Unserm recht braven TheaterOrchester aufführen gehört hatte. Vorzüglich ist es der Mangel an Einfachheit und die Eigenheit des Komponisten so sehr schnell von Tonart zu Tonart zu modulieren, was ich rügen zu müssen glaubte; beides sind so schon Fehler der Komponisten der neuesten Zeit, und eben wenn ein sonst sehr braver Komponist darin verfällt darf man der leidigen Nachahmer wegen es nicht verschweigen. Gewiß sind Ew. WohlGeboren mit mir gleicher Meinung. —
Auf das angelegentlichste empfehle ich mich in Ew. WohlGeboren gütiges Wohlwollen und habe die Ehre mit der ausgezeichnetsten Hochachtung zu sein
Ew. WohlGeboren
ganz ergebenster
Hoffmann
⟨3. März 1813.⟩
WohlGeborner!
HochZu Verehrender Herr Hofrat!
Rechnen Sie es lediglich dem unbeschränkten Vertrauen auf Ihr Wohlwollen, auf Ihre Güte zu, wenn ich es wage, in einer für mich wichtigen Angelegenheit mir Ihren gütigen Rat zu erbitten. — Herr Joseph Seconda trägt mir die MusikdirektorStelle bei seiner Gesellschaft an und da diese Anstellung wirklich dazu dienen würde, mich in meiner Kunst immer mehr zu vervollkomm〈n〉en und vielleicht meinen Ruf zu begründen, war mir der Antrag nicht unwillkommen und ich würde mich ganz dafür erklärt haben, wenn mir einer von meinen hiesigen Freunden, der lange in Leipzig war, nicht manchen Zweifel erregt hätte. — So wie er behauptet soll die Secondasche Gesellschaft sehr schlecht sein und weder in Leipzig noch in Dresden auch nur in dem mindesten Ansehen stehn; ferner soll sich Hr. S〈econda〉 oft in dringender GeldNot befinden und die Gagen nicht zahlen können; endlich soll aber, da ausschließlich nur Opern und täglich gegeben werden, der MusikDirektor einem ewig gequälten LastTier gleichen, das nie freien Atem schöpfen kann. Ist dies alles gegründet, so würde mir freilich meine jetzige Muße und meine Verbindung mit Holbein in Würzburg, die freilich auch ihr Drückendes hat, lieber sein, wäre es aber möglich mit Hrn. Seconda ein solches Abkommen einzugehen, das wenigstens meinem Geschäft das zu drückende nähme und mir Muße gönnte meine litterarischen Arbeiten fortzusetzen, so ginge ich mit Freuden an einen Ort, den mir die Bekanntschaft mit den Achtenswertesten Männern so interessant gemacht hat. — Wie sehr mich Ew. WohlGeboren verbinden würden, wenn Sie die Güte hätten mich über die Ihnen gewiß genau bekannten nähern Verhältnisse der Secondaschen Gesellschaft zu belehren, darf ich wohl nicht versichern, da es sich um meinen ganzen Lebensplan, um mein Aufkommen in der Musikalischen Welt handelt. — Um Ew. WohlGeboren ganz in Kenntnis der von mir genommenen Maßregeln zu setzen nehme ich mir die Erlaubnis meine Antwort an Hrn. Seconda offen beizulegen mit der gehorsamsten Bitte sie, im Fall ich auf sein Anerbieten Rücksicht nehmen soll, gesiegelt gütigst abgeben zu lassen. —
Ich wage es Ew. WohlGeboren die dringende Bitte ans Herz zu legen, mir recht bald gütigst zu antworten, da ich sonst in meinen weitern Erklärungen gebunden bin.
Mit der ausgezeichnetsten Hochachtung habe ich die Ehre zu sein
Ew. WohlGeboren
ganz ergebenster
Hoffmann.
⟨16. Januar 1814.⟩
Ew. WohlGeboren übersende ich in der Anlage eine Erzählung die ich unter dem Titel: die Automate für die M〈usikalische〉 Z〈eitung〉 geschrieben mit der gehorsamsten Bitte für die Einrückung gütigst zu sorgen. — War ich in dem neulich übersandten Aufsatze vielleicht selbst, wie Milo, in die wunderlichen Seitensprünge der HopsAngloise geraten, so habe ich mich in dieser Erzählung wieder treulich in dem ehrbaren Menuettschritt gehalten, und so wenig auch Anfangs die Automate der Tendenz der M〈usikalischen〉 Z〈eitung〉 zu entsprechen scheinen, so glaube ich doch, daß sie für diese Zeitschrift passen, weil ich Gelegenheit gefunden mich über alles was Automat heißt auszusprechen, und also auch musikalische Kunstwerke der Art ganz vorzüglich beachte, nebenher auch den musikalischen Ludwig manches über die neuesten Bemühungen der Mechaniker — über die NaturMusik — über den vollkommensten Ton — Harmonika — Harmonichord ppp sagen lasse welches keinen schicklicheren Platz finden kann als eben in der M〈usikalischen〉 Z〈eitung〉. — Die Länge des Aufsatzes würde wohl dem Einrücken nicht entgegenstehen, da er ja in mehrere Stücke verteilt werden kann, doch überlasse ich alles Ew. WohlGeboren Ermessen, und bitte nur, falls wider Vermuten die Erzählung nicht eingerückt werden könnte um baldige gütige Rücksendung des Manuskripts. — Nur meine so beschränkte Zeit ist daran Schuld, daß ich keine Reinschrift besorgt, doch sind wohl selbst die korrigierten Stellen deutlich genug um den Druck nicht zu hindern.
Mit ausgezeichneter Hochachtung
Ew. WohlGeboren
Leipzig
D. 16 Jan: 1814.
ganz ergebenster
Hoffmann.
NS. Die Erscheinung am Kurischen Hafe so wie manches andere in dem Aufsatze ist Reminiszenz aus meine〈m〉 früher〈n〉 Leben in Ostpreuß〈en〉
⟨7. März 1814.⟩
In der Meinung daß Ew. WohlGeboren nur von einer leichten Kränklichkeit befallen, erschrak ich nicht wenig, als man mir vorigen Dienstag sagte, daß Sie an FieberAnfällen heftig litten. —
Gleich den andern Tag erkrankte auch ich recht ernstlich. Ein böses Rheuma, das ich mir im Theater in der großen Kälte zugezogen, hatte sich auf die Brust geworfen, und nur durch schleunige starke Mittel die der Arzt anwandte bin ich der Brustentzündung entgangen, aber auch jetzt leide ich an den heftigsten Schmerzen und sitze in Flanell und Kissen gepackt wie ein Podagrist. — Noch habe ich keine Aussicht ausgehen zu dürfen, und ich kann daher nicht länger Anstand nehmen Ew. WohlGeboren schriftlich mit den Vorfällen bekannt zu machen, die ich Ihnen vorigen Dienstag mündlich mitteilen wollte. — Nicht verhehlen kann ich’s daß meine Verhältnisse bei dem hiesigen Theater bei der täglich zunehmenden Grobheit und Indolenz des Hrn. Seconda sich merklich verschlimmerten, und daß ich oft alle Fassung und Gleichmut des Geistes aufbieten mußte um nicht auf diese oder jene Art loszubrechen — Daß z. B. jede Äußerung über das Repertoir, Anordnung der Stücke u. s. w. mit einer gewissen verächtlichen Miene verworfen und mir bei jeder Gelegenheit zu verstehen gegeben wurde: ich verstünde davon nichts, will ich nur im Vorbeigehen erwähnen. —
Am 25 Febr: bei der Vorstellung der wandernden Schauspieler erreichte nun das Ding den Gipfel — Hr. Fischer hatte mit meinem Vorwissen, da die Kälte enorm war, und überdies das Ballett ziemlich lange dauerte seine unbedeutende Arie ausgelassen, hierüber fuhr mir Hr. Seconda in dem ZwischenAkt auf dem Theater also in Gegenwart sämtlicher Schauspieler, Statisten u. s. w. auf die pöbelhafteste Weise auf den Hals, indem er unter andern sagte: ich säße da unten vor den Teufel da u. s. w. — Ew. WohlGeboren können denken, daß meine Langmut am Ende war, und ich ihm ziemlich heftig erwiderte: Auf diese Weise könne er mit Bedienten — mit Stallknechten umgehen aber nicht mit Männern von Bildung! — Ich überlegte in der Tat ob ich nun noch mit Ehren mein Amt fortsetzen könne, als Hr. Seconda mir am andern Morgen schrieb: Um weitern Unannehmlichkeiten vorzubeugen fände er es für nötig, daß wir uns 12 Wochen a dato trennten! — Ew. WohlGeboren habe ich den ganzen Vorgang deshalb so umständlich und wie ich wohl nicht erst versichern darf auf das allertreuste erzählt um darzutun, daß es durchaus nicht meine Schuld ist, wenn ich ein Amt aufgebe, das mir selbst gekündigt wurde, und das ich ohne Nachteil für meine Ehre und für meine bessere Existenz in der litter〈arischen〉 und künstler〈ischen〉 Welt nicht fortsetzen kann. — Über meine fernern Entschlüsse erbitte ich mir nun Ew. WohlGeboren freundschaftlichen Rat! — Es ist mir die MusikDirektorStelle in Königsberg durch meinen dortigen Geschäftsträger angeboten worden (schon Anfangs Febr:) ich kann mich aber nicht entschließen dieses Amt anzunehmen, weil ich wirklich in dem TheaterLeben ein starkes Haar gefunden, und weil das ganz unausstehliche Klima in K〈önigsberg〉 mich in kurzer Zeit um das edelste Gut, um meine Gesundheit bringen würde. — Ich habe ferner die beinahe gewisse Aussicht, nach dem Frieden in Berlin vielleicht auf eine mir sehr angenehme Weise angestellt zu werden, diese Hoffnung kann aber wohl erst nach mehreren Monaten, vielleicht nach einem Jahr erfüllt werden; es käme daher darauf an sich auf diese oder jene Art bis dahin durchzuschlagen, und ich glaube, daß bei meiner beschränkten Lebensweise da ich mit 50 rth monatlich sehr gut auskomme, es sehr gut möglich sein würde hier in Leipzig zu bleiben und recht fleißig zu arbeiten. — Nicht vergessen darf ich zu bemerken, daß ich noch eine kleine Summe (150 rth) aus Königsberg erwarte, die binnen 4, 5, Wochen eintreffen muß, so wie, daß Hr. Kunz mir zu Ostern Honorar zu zahlen hat. — Nächstdem frage ich aber Ew. WohlGeboren; ob es wohl möglich sein würde hier ein paar Schüler oder besser Schülerinnen für den Unterricht im Gesange zu erhalten? — Sie werden mir es zutrauen, daß es kein selbstsüchtiges Lob ist, wenn ich versichere die beste Art dieses Unterrichts auf das vollkomme〈n〉ste zu verstehen, und ich darf mich der Gabe rühmen, wenn nur Talent vorhanden, schnell Stimme und Vortrag ausbilden zu können, wie ich dies in B〈amberg〉 mannigfaltig bewiesen. — Vielleicht würde es Ew. WohlGeboren möglich sein, bei Ihren vielfachen Connektionen, und dem allgemein〈en〉 Zutrauen mir einigen Unterricht, dem ich höchstens täglich zwei Stunden widmen würde, zuzuweisen. — Hrn. Mahlmann habe ich wegen des Mitarbeitens an der Eleg〈anten〉 Z〈eitung〉 heute geschrieben, wie Ew. WohlGeb. mir es geraten. — Aufrichtig gestehen muß ich es, daß die Aussicht endlich einmal mir selbst leben zu können mir sehr erfreulich ist, da ich in der Tat wenigstens zu einem TheaterPersonal wie das hiesige durchaus nicht passe, und nur der Gedanke hie und da in Verlegenheit kommen zu könne〈n〉 macht es mir zur unerläßlichen Pflicht, auch kein Mittel zu versäumen mein〈e〉 Subsistenz bis zu dem Augenblick, wenn ich in mein Vaterland zurückkehren kann, zu sichern. —
Nur das unbegränzte Vertrauen, das ich in Ew. WohlGeboten Wohlwollen und Freundschaft setze, konnte mich bewegen so genau in das Detail mei〈ner〉 Lebensverhältnisse zu gehen — nur freundschaftlich〈en〉 Rat nur die Erhaltung des Interesse, was Sie so gütig für mich hegen, erbitte ich auf das dringendste. —
Wie sehr hat mich Ew. WohlGeboren so gütiges Urteil über mein Miserere erfreut und erhoben — Rücksichts meiner Kompos〈itionen〉 haben mich die Verhältnisse bis jetzt in einer fortwährenden Obskurität und Unmündigkeit erhalten, Sekonda lächelte so gewiß schalkhaft, als ich ihm von der Undine sagte; ich las in seinem Blick ungefähr die Worte: Nun das wird was rechtes sein! — Gestehen muß ich es wirklich, daß es mir recht sehr am Herzen lag von Ew. WohlGeb. doch einigermaßen als Komponist gekannt zu sein, und dies nur war der Zweck der Mitteilung des Miserere . — Mit Recht kann ich wohl sagen, daß Ew. WohlGeb. Billett welches ich gerade den Tag nach der Katastrophe erhielt, mich ganz aus der düstern Stimmung riß, und ein heiteres Selbstvertrauen in mir erweckte; Sie können denken, welchen — Eindruck die Worte: wie ich in Verhältnissen, die mein〈en〉 innigeren Tendenzen so schnurstracks entgegen, heiter leben könne, auf mich machten. —
Noch bemerke ich, daß ich Willens bin nicht mehr mit der Gesellschaft nach Dresden zu reisen, sondern gleich hier zu bleiben.
Hochachtungsvoll
Ew. WohlGeb.
Leipzig
D. 7 t März 1814.
ganz ergebenster
Hoffmann
Berlin d. 12 7br. 1820.
Ihrer Freundschaft und Güte vertrauend empfehle ich Ihnen, Hochverehrtester Herr Hofrat! den Kaiserlich Russischen Kammermusikus Herrn DallOcca, der uns durch sein seltenes Spiel auf dem Kontrabaß viel Freude gemacht hat und sich auch in Leipzig hören lassen will. Was könnte ihm mehr Heil bringen, als wenn Sie als Coryphäus der Kunstliebenden Sich gütigst für ihn interessieren wollten worum ich recht herzlich bitte.
Mit ausgezeichneter Hochachtung habe ich die Ehre zu sein
Hochverehrtester Herr Hofrat
Ihr innigst ergebener
Hoffmann