Staatsbibliothek zu Berlin
E.T.A. Hoffmann-Archiv
Potsdamer Str. 33
10785 Berlin
E.T.A. Hoffmann-Archiv
Die Hoffmanniana der Staatsbibliothek zu Berlin werden durch das E.T.A. Hoffmann-Archiv betreut. Dabei handelt es sich um ein virtuelles Archiv, denn die Bestände selbst sind über die verschiedenen Abteilungen der Staatsbibliothek zu Berlin verstreut.
Sammlungsgeschichte
Bei seinem Tod am 25. Juni 1822 hinterließ E.T.A. Hoffmann etwa 2300 Reichstaler Schulden – das Anderthalbfache seines Jahresgehalts als Kammergerichtsrat. Dieses Vermächtnis war durch seinen materiellen Besitz, seinen ‚Nachlass‘, offenbar in keiner Weise zu decken und zwang seine Witwe Michaelina sich den Forderungen der Gläubiger durch Ablehnung des Erbes und ein möglichst schleuniges Verlassen Berlins zu entziehen. 20 Jahre später, im Jahr 1847, schenkte sie dem preußischen König Friedrich Wilhelm IV. (1840-1861), dem „Romantiker auf dem Thron“, insgesamt 19 Autographe Hoffmanns. Mit dem Übergang dieser Autographe in die Königliche Bibliothek war der Grundstock gelegt für die umfangreiche Sammlung an Hoffmanniana, die die Staatsbibliothek in den vergangenen eineinhalb Jahrhunderten zusammentragen konnte.
Einen großen Fortschritt machte der Aufbau des Archivs zu Beginn des 20. Jahrhunderts. Der Hoffmann-Kenner und -Liebhaber Hans von Müller nahm sich als Mitarbeiter der Staatsbibliothek der Sammlung an und erweiterte sie nicht nur um zahlreiche Neuerwerbungen, sondern darüber hinaus um eigene Veröffentlichungen, die zu einem beträchtlichen Teil in der Herausgabe bis dahin unveröffentlichter Dokumente Hoffmanns und seines Umkreises bestanden. Zur Gründung eines eigenen E.T.A. Hoffmann-Archivs kam es indessen noch nicht.
Der Zweite Weltkrieg riss in die Sammlung an Hoffmann-Erstdrucken und -Ausgaben große Lücken; viele Stücke konnten in der Zwischenzeit aber wieder erworben werden.
1999 kaufte die Staatsbibliothek die bedeutende Sammlung des Hoffmann-Kenners Hans-Dieter Holzhausen, bestehend aus über 100 Titeln Primärliteratur, umfangreicher Sekundärliteratur und einer Reihe weiterer Werke aus oder zu Hoffmanns Umkreis. Möglich wurde dies durch die großherzige Stiftung der aus Berlin stammenden Frau Dr. Christa Karoli, die im September 1998 verstorben war und einen Teil ihres Vermögens der Staatsbibliothek mit der Maßgabe vermacht hatte, eine „Stiftung E.T.A. Hoffmann“ einzurichten. Über das 1999 eingerichtete (virtuelle) E.T.A. Hoffmann-Archiv sind alle Hoffmann-Bestände der Staatsbibliothek nachgewiesen und zum Teil auch digital zugänglich – die Bände selbst werden ihrer Art entsprechend in den einzelnen Abteilungen verwahrt.
Seit 2016 betreut das E.T.A. Hoffmann-Archiv in Kooperation mit der Staatsbibliothek Bamberg und E.T.A. Hoffmann-Gesellschaft das E.T.A. Hoffmann Portal, das in einer einjährigen Projektphase konzipiert und aufgebaut wurde.
- Adresse
- E-Mail
E.T.A.-Hoffmann-Archiv@sbb.spk-berlin.de
- Telefon
+49 (0)30 / 266 433 154
Aufgaben des Archivs
Das E.T.A. Hoffmann-Archiv ist in den Bereichen Bestandsaufbau, Erschließung und Vermittlung tätig. Gemeinsam mit den Fachabteilungen erwirbt und erschließt das E.T.A. Hoffmann-Archiv aktuelle Forschungsliteratur, Sondermaterialien und antiquarische Titel von und zu E.T.A. Hoffmann. Zudem bearbeitet das Archiv Anfragen, bereitet Informationen auf und führt regelmäßig Veranstaltungen durch, darunter die besonders nachgefragten Workshops zur Illustrationsgeschichte.
Die Stifterin Christa Karoli
Am 26. Januar 1998 schrieb in ihrer Wohnung in der Nähe des Münchener Krankenhauses Harlaching eine noch nicht 62-jährige Millionärin ihr Testament. Krank bereits seit Mitte der 50er Jahre, wollte sie ihren Nachlass ordnen und abschließend über ihr Vermögen verfügen. Mit der Auflage, damit ein „E.T.A. Hoffmann-Archiv“ einzurichten, vermachte sie einen beträchtlichen Teil ihres Vermögens der Stiftung Preußischer Kulturbesitz.
Elternhaus
Die Großeltern von Frau Dr. Christa Karoli stammten aus Siebenbürgen. Der Großvater väterlicherseits war evangelischer Pfarrer in Hahnbach in der Nähe von Hermannstadt (Sibiu), der trotz großer Armut allen seinen sechs Kindern ein Studium ermöglicht hatte.
Einer der Söhne, Richard (1903-1984), studierte von 1922 an in Leipzig, wo er erfolgreich mehrere Kaufmann-Abschlüsse erwarb. Ab 1935 war er Sozius des Wirtschaftsprüfers Dr. W. Voss in Berlin und stellvertretendes Vorstandsmitglied der Deutschen Revisions- und Treuhand AG. 1936 wurde seine Tochter Christa Karoli geboren. In den folgenden Jahren verdiente er offenbar genug Geld, um sich in unmittelbarer Nachbarschaft von Joachim von Ribbentrop, Konstantin Freiherr von Neurath und dem führenden NS-Ideologen Alfred Rosenberg in der Rheinbabenallee in Berlin-Dahlem eine stattliche Villa leisten zu können.
Der räumlichen Nähe zu den Nazi-Größen entsprach die innere Einstellung Richard Karolis, von dem seine Tochter später erzählte, er sei ein glühender Anhänger Hitlers gewesen. Zu seinen Lebenshöhepunkten habe es gehört, einmal von diesem in kleinem Kreise empfangen worden zu sein.
Im Hause Karoli in Berlin-Dahlem herrschten ’nationalsozialistische Tugenden‘ in großbürgerlicher Spielart. Es zählte ausschließlich Leistung, der Weg dorthin waren Arbeit, und Disziplin. Gefühle und Individualität waren unwichtig. Kultur galt als ‚dummes Zeug‘ und war bestenfalls zu Repräsentationszwecken brauchbar.
Christa Karoli war in diesem Umfeld so deplaziert wie eben möglich. Ausgestattet mit einer ungewöhnlich hohen Sensibilität, ausgesprochen empfindlich, neigte sie zu Melancholie. Ihre Begabungen lagen im geistigen und musischen Bereich.
Studium und Begeisterung für E.T.A. Hoffmann
1955 begann sie in Berlin Medizin und Psychologie zu studieren, 1956 wechselte die 20-jährige ihre Fächer und begann das Studium von Neuerer Deutscher Literatur und Anglistik. Ihrem Studienfach-Wechsel folgte der Umzug nach München-Schwabing. In München lernte sie Prof. Helmut Motekat (1919-1996) kennen, der sie in den Kreis seiner Doktoranden aufnahm, offenbar beeindruckt von der sprachlichen und wissenschaftlichen Begabung Karolis. Mit Motekat teilte sie ein Interesse, dass ihr ganzes Leben anhielt und seinen Niederschlag noch in ihrem Testament finden sollte: das Interesse an E.T.A. Hoffmann. Zunächst äußerte es sich schwärmerisch, doch wuchs die Begeisterung für E.T.A. Hoffmann zu einer dauerhaften Liebe an. Besuche des Hoffmann-Grabes auf dem Friedhof in Kreuzberg gehörten wie selbstverständlich zu ihren Aufenthalten in Berlin. 1965 wurde sie an der Ludwig-Maximilians-Universität München mit einer Arbeit über „Ideal und Krise enthusiastischen Künstlertums in der deutschen Romantik.“ promoviert. Unmittelbar nach ihrer Promotion beschloss Karoli, die Welt der Universität und der Wissenschaft zu verlassen, um Schriftstellerin zu werden und begann zunächst als Übersetzerin von Drehbüchern für das Fernsehen. In der Folgezeit kümmerte sie sich vor allem um das Haus, das der Vater in Garmisch-Partenkirchen als eine Art zweiten Familienwohnsitz gekauft hatte, reiste mit dem Auto durch Italien, Südfrankreich, Südtirol, Österreich und die Tschechoslowakei.
Krankheit und Erbe
Mit ersten Symptomen kündigte sich schon während ihres Studiums eine Nierenerkrankung an, die sie aber lange Zeit ignorierte. 1976 musste Dr. Karoli 40-jährig mit der Dialyse beginnen, 1994 wechselte sie noch einmal ihre Wohnung, um dem Krankenhaus in Harlaching im Münchener Süden näher zu sein. Was ihr blieb waren ihre intensiven Beziehungen zu den Dichtern, allen voran ihrem ‚Idol‘ E.T.A. Hoffmann. Im April 1998 wurde sie in die Klinik eingeliefert, die sie lebend nicht wieder verlassen sollte. Im September des gleichen Jahres starb Christa Karoli. In ihrem Testament hatte sie verfügt, dass ihr Leichnam verbrannt und in einer Urne in einem Wandelgang des Münchener Ostfriedhofs beigesetzt würde. Als Grabspruch bestimmte sie die letzten beiden Wörter des lateinischen Uhren-Spruchs Omnes vulnerant. Ultima necat. (Alle Stunden verletzen. Die letzte tötet). Ihr Testament vom 26. Januar 1998, dem die Staatsbibliothek Berlin heute einen großen Teil ihrer umfangreichen E.T.A. Hoffmann-Sammlung verdankt, hatte sie beschlossen mit dem Satz: Brumans est mors. Hodie mihi. Cras tibi. – „Kalt ist der Tod. Heute für mich, morgen für dich.“