Berliner Wohnorte
E. T. A. Hoffmann (24.1.1776 in Königsberg – 25.6.1822 in Berlin) hat Zeit seines Lebens dreimal in Berlin gewohnt. Von 1798 bis 1800, von 1807 bis 1808 und von 1807 bis zu seinem Tod 1822.
1. Aufenthalt 27. August 1798 – 1800
Nach dem Bestehen des zweiten Staatsexamens bewarb sich der damals 22jährige Hoffmann erfolgreich als Referendar am Kammergericht in Berlin. In den knapp zwei Jahren von 1798 bis 1800 wohnte er kurze Zeit in der Churstr. 44 und danach bei seinem Onkel Johann Ludwig Doerffer und dessen Familie in der Leipziger Str. 66. Im Februar 1800 bestand Hoffmann sein drittes juristisches Staatsexamen am Berliner Kammergericht und wurde im März 1800 in Posen zum Assessor ernannt, wohin er Ende Mai 1800 abreiste.
2. Aufenthalt Juni 1807 – Juni 1808
Der zweite Berlinaufenthalt war für Hoffmann der bitterste. In der Zwischenzeit hatte Hoffmann in Warschau glückliche Jahre als Regierungsrat verbracht und Maria Thekla Michaelina Rorer geheiratet.
1807 verlor Preußen seine polnischen Gebiete. Warschau war seit 1806 von Napoleons Truppen besetzt und die preußische Beamtenschaft, darunter auch Hoffmann, wurde entlassen. Anfang Juni 1807 wurde Hoffmann von der französischen Besatzungsmacht vor die Wahl gestellt, entweder die Unterwerfungsakte mit einem Huldigungseid auf Kaiser Napoleon zu unterzeichnen oder Warschau binnen acht Tagen zu verlassen. Hoffmann entschloss sich zur Abreise und zog notgedrungen alleine nach Berlin. Seine Familie ging nach Posen. In Berlin kam Hoffmann zunächst im Gasthof „Zum Goldenen Adler“ in der Leipziger Straße 50 – Ecke Jerusalemer Straße unter. Diesen Gasthof ließ er später in der Erzählung „Die Abenteuer der Silvester-Nacht“ als Hauptschauplatz aufleben. Danach wohnte er kurze Zeit, im Juli und August, im „Hôtel de Brandenbourg“ in der Charlottenstr. 42 und anschließend bis Juni 1808 in der Friedrichstr. 179 / Ecke Taubenstraße. Diese Zeit war für Hoffmann von Geldsorgen und Hunger geprägt.
3. Aufenthalt September 1814 – Juni 1822
Hoffmanns letzter und längster Berlinaufenthalt kam unter günstigeren Voraussetzungen zustande. Nach mehreren entbehrungsreichen Jahren in Bamberg wurde ihm 1814 durch Vermittlung seines Freundes Hippel die Fortsetzung seiner Beamtenlaufbahn am Berliner Kammergericht angeboten. Am 26. September 1814 traf er mit seiner Frau Michaelina in Berlin ein. Als erstes Quartier diente ihnen erneut der Gasthof „Zum Goldenen Adler“ bis sie am 4. Oktober in eine Wohnung in die Französischen Str. 28, nahe dem Gendarmenmarkt, zogen, die bis Mitte 1815 ihre erste gemeinsame Wohnung in Berlin wurde. Am 1. Juli 1815 zogen sie schließlich in eine größere und repräsentativere Wohnung mit direktem Blick auf den Gendarmenmarkt. Taubenstr. 31 / Ecke Charlottenstr. 38/39. Von seinem Arbeitszimmer aus genoss Hoffmann einen wunderbaren Ausblick auf den gesamten Gendarmenmarkt und die Rückseite des Königlichen Nationaltheaters.
Das Haus an der Ecke Tauben-/Charlottenstr. war ca. 40 Jahre zuvor als Teil des Gesamtensembles Gendarmenmarkt erbaut worden. Die Wohnung war insgesamt 128 m2 groß und hatte vier Zimmer sowie eine Küche und eine Domestikenstube (Dienstbotenzimmer). Im größten Zimmer hatte Hoffmann selbst die Wände mit allerlei Zierrat ausgemalt. Sein Arbeitszimmer, mit ca. 15 m2, war das kleinste Zimmer in der Wohnung. Der Blick aus dem Fenster auf den Gendarmenmarkt ist später Grundlage für eine seiner letzten Erzählungen „Des Vetters Eckfenster“: „Dabei liegt aber meines Vetters Logis in dem schönsten Teile der Hauptstadt, nämlich auf dem großen Markte, der von Prachtgebäuden umschlossen ist, und in dessen Mitte das kolossal und genial gedachte Theatergebäude prangt. Es ist ein Eckhaus, was mein Vetter bewohnt, und aus dem Fenster eines kleinen Kabinetts übersieht er mit seinem Blick das ganze Panorama des grandiosen Platzes.“ (E.T.A. Hoffmann. Sämtliche Werke. Bd. 6, S. 469)
Letzte Ruhestätte
Nach monatelanger Krankheit, die Hoffmann ans Bett fesselte, verstarb er am 28. Juni 1822 mit 46 Jahren in seiner Wohnung. Drei Tage später wurde sein Sarg auf dem Friedhof der Gemeinde Jerusalem- und der Neuen Kirche am Halleschen Tor außerhalb der Stadtmauern beigesetzt. Auf seinem Grabstein, der von seinen Freunden gestiftet wurde, wird Hoffmann als „der Kammer Gerichts Rath ausgezeichnet im Amte als Dichter als Tonkünstler als Maler“ beschrieben.
Aufgaben
Brief von Hoffmann an Theodor Gottlieb von Hippel (7. Mai 1808)
Lesen Sie den Brief und beschreiben Sie Hoffmanns Lebenssituation in Berlin zu der Zeit (in welcher Phase ist der Brief entstanden?)
Mein Einziger teuerster Freund! Berlin d. 7 Mai 1808
Wie kommt es, daß ich gar nichts von Dir höre? — Alles schlägt mir hier fehl. Weder aus Bamberg, noch aus Zürich, noch aus Posen erhalte ich einen Pfennig; ich arbeite mich müde und matt, setze fast die Gesundheit zu und erwerbe nichts! — Ich mag Dir meine Not nicht schildern; sie hat den höchsten Punkt erreicht. — Seit fünf Tagen habe ich nichts gegessen als Brod — so war es noch nie! — Jetzt sitze ich von Morgen bis in die Nacht, und zeichne an Szenen für Werners Attila, der in der Realbuchhand〈lung〉 verlegt wird. Noch ist es nicht gewiß ob ich alle Kupfer zu zeichnen erhalte, gelingt mir dies, so verdiene ich etwa 4 bis 5 Fridrichsd’or, die dann auf Miete und kleine Schulden aufgehen. Ist es Dir möglich mir zu helfen, so schicke mir etwa 20 fridr:, sonst weiß ich bei Gott nicht, was aus mir werden soll. — Übrigens ist mein Contrakt mit der Bamberger TheaterDir〈ektion〉 jetzt abgeschlossen und vom 1t 7br geht mein Officium an, so daß ich im August schon abreisen muß. — Mein Einziger Wunsch wäre es mich jetzt schon von Berlin loszureißen und nach Bamberg zu gehen. Hiezu würde aber mehrers Geld gehören, da ich auch meine Garderobe zur Reise in Stand setzen muß. — Gelingt es mir nur erst Geld zu erwerben, so will ich darauf bedacht sein wenigstens nach und nach meine große Schuld bei Dir abzutragen! — Wäre es Dir wohl möglich, im Fall Du eine bedeutende Summe reponiert habest, mir noch 200 Thlr. zu borgen? In diesem Falle wäre ich nicht allein aus aller Not, sondern könnte auch nach Bamberg abgehen! — Mein Freund! — Verkenne mich Unglücklichen nicht! — Gott weiß es, wie nahe es mir geht so zu Dir sprechen zu müssen! — Antworte mit umgehender Post, darum fleht
Dein treuer bis in den Tod
Hoffmann
Es ist schrecklich den Hafen im Gesichte zu scheitern! — Heute aß ich im Tiergarten auf die gewöhnliche Weise — Mich sprach ein Bettler an — einer den andern! — Mit Talenten mancherlei Art zu darben ist vernichtend!
(E.T.A. Hoffmann. Sämtliche Werke. Bd. 1, S. 190-191)
Grundriss von E.T.A. Hoffmanns Wohnung am Gendarmenmarkt
Versuchen Sie, die einzelnen Zimmer aus der Skizze Hoffmanns in den Grundriss der Wohnung in der Umbauzeichnung von 1844 zu übertragen.
Die linke Skizze ist ein Detail einer Federzeichnung Hoffmanns von seiner Wohnung mit dem Gendarmenmarkt, die er im Juli 1815 als kleine Briefbeigabe an seinen Bamberger Verleger Carl Friedrich Kunz geschickt hat, sie wird deshalb auch der Kunz‘sche Riss genannt.
Als kleiner Tipp: Die beiden Grundrisse weichen leicht voneinander ab, die Einteilung der fünf Zimmer entlang der beiden Straßen ist aber identisch (Vorzimmer, Prunkzimmer, Zimmer der Frau, ArbeitsCabinet).
Der Kunz’sche Riss
Versuchen Sie, so viele Szenen, Plätze und Personen wie möglich im Kunz‘schen Riss zu identifizieren und zu interpretieren. Welche Personen, Figuren, Orte sind real, welche sind „phantastisch“?
Stadtplan von Berlin
Finden Sie folgende Straßen- und Ortsnamen im Stadtplan (im Einführungstext sind diese hervorgehoben); nehmen Sie bei Bedarf einen aktuellen Stadtplan zu Hilfe:
- Leipziger Straße / Ecke Jerusalemer Straße
- Friedrichstraße / Ecke Taubenstraße
- Französische Straße (28)
- Gendarmenmarkt (Nationaltheater)
- Taubenstraße / Ecke Charlottenstraße
- Das Kammergericht
Download
Einführungstext: Hoffmanns Wohnorte
Aufgabe: Brief E.T.A. Hoffmanns an Theodor G. Hippel (7.5.1808)
Aufgabe: Hoffmanns Wohnung am Gendarmenmarkt
Aufgabe: Hoffmann Stadtplan
Literaturhinweise
Bienert, Michael: E. T. A. Hoffmanns Berlin – literarische Schauplätze. Berlin, 2015.
Petzel, Jörg: Teufelspuppen, brennende Perücken, Magnetiseure, Hüpf- und Schwungmeister. E. T. A. Hoffmann in Berlin. Berlin 2015 (Frankfurter Buntbücher Bd. 57).
E.T.A. Hoffmann: Sämtliche Werke in sechs Bänden. Herausgegeben von Hartmut Steinecke und Wulf Segebrecht. Frankfurt am Main: Deutscher Klassiker Verlag 1985-2004. (Zitiert als E.T.A. Hoffmann. Sämtliche Werke)