Illustrationen zum Werk E.T.A. Hoffmanns
Zur Einführung: Erscheinungsformen
So vielgestaltig wie E.T.A. Hoffmanns Werk selbst, das bis heute immer neue Interpretationen hervorruft und frühere ‚Deutungsgewissheiten‘ in Frage stellt, ist auch die Illustration zu diesem. Fast unüberschaubar in Zahl und Vielfalt. Und es werden jährlich mehr. Hier eine in sich stimmige Entwicklungslinie aufzuzeichnen erscheint als ein schwieriges, wenn nicht vergebliches Unterfangen. Jedenfalls als eines, das ohne riskante Vereinfachungen und problematische Wertungen nicht auskommt, da die Erscheinungsformen vielfältig und natürlich abhängig von ihren Entstehungsbedingungen sind:
Elke Riemer-Buddecke beforscht seit vielen Jahren Hoffmanns Illustrationsgeschichte. 1976 publizierte sie das inzwischen als Standardwerk geltende Buch E.T.A. Hoffmann und seine Illustratoren (Gerstenberg Verlag). Aktuell beschäftigt sich Riemer-Buddecke mit Hoffmann-Porträts. (→ Forscherprofil)
Autoren von Künstlerbüchern zu E.T.A. Hoffmann
Fischer, Fritz
Häfner, Johannes
Meyer, Christoph
Stiller, Günther
‚Lesebuch‘
Neben eher konventionellen, auftragsgebundenen, illustrativ dienenden, manchmal serienhaft in den Text eingestreuten Zeichnungen (Feder-, Pinsel- und Grafitzeichnungen), die vom Leser kaum bewusst wahrgenommen werden und den Lesefluss wahrscheinlich nicht stören und dem Typus des ‚Lesebuchs‘ zuzuordnen sind, gibt es höchst Anspruchsvolles, Komplexes, teils schwer Deutbares in bibliophilen Sonderausgaben mit Originalgrafiken und begrenzter Auflage, als Bildfolge oder Zyklus in Mappen oder als sogenanntes Künstlerbuch, das insgesamt als Kunstprodukt verstanden werden will, als großformatige Einzelgrafik wie die Collagen von Wolfgang Bauer und Wolfgang Held und oder als Gemälde wie die Arbeiten aus Kaliningrad der letzten Jahre.
‚Bilderbuch‘
In bibliophilen Sonderausgaben wie denen des Ein-Mann-Verlages Serapion vom See[1] von Michael Duske, der ausschließlich E.T.A. Hoffmanns Dichtungen (bis 2006?) ediert, werden ganzseitige Originalgrafiken von Künstlern wie Anke Dziewulski, Xago (Rolf Xago Schröder), Fritz Fischer, Michael Knobel, Steffen Faust, Stephan Klenner-Otto und Horst Hussel dem dichterischen Text gegenüberstellt. Der Künstler will als gleichwertiger Dialogpartner anerkannt werden, nicht untergeordnet das verbildlichen, was ohnehin schon Bild im Text ist.[2] Diese Editionen gehören zum Typus des ‚Bilderbuches‘, weil hier Text und Bild gleichwertige Partner sein sollen oder sogar das Bild dominant erscheint.
Doppelte Interpretationsaufgaben
Der Leser und Betrachter hat bei Illustrationen dieses Anspruches doppelte Interpretationsaufgaben. Er muss einerseits verstehend nachvollziehen, was der Dichter meinte, und andererseits zu erkennen versuchen, wie der Künstler die dichterische Botschaft gelesen hat. Dabei wird, so scheint es, bewusst auf Bevormundung des Leser bzw. Betrachters verzichtet. Er darf und soll sein eigenes Bild, das er sich während des Lesens gemacht hat, behalten.
Die Illustration ist ein zusätzliches Deutungsangebot, kann eine Bereicherung der eigenen Perspektive oder auch eine Herausforderung sein, eine andere Sicht, ein anderes Leseerlebnis wahrzunehmen. Da E.T.A. Hoffmanns Werk vielschichtig ist und immer wieder den Leser verunsichert, ihn zur Korrektur gewonnener Leseeindrücke und zu Perspektivwechsel aufruft, erscheint diese Form des dialogischen Illustrierens als angemessen. Nicht zuletzt deshalb, weil Hoffmann selbst häufig dialogisch bzw. intertextuell arbeitete, indem er sich entweder mehr oder minder deutlich auf andere Dichter bezog und sie zitierte oder bildenden Künstlern seine Reverenz erwies[3], ihren Bildern sogar literarisches Leben einhauchte.
Dialog zwischen Künstler und Dichter
Die dienende Illustration, so soll sie hier der Einfachheit halber genannt werden, ist längst in Verruf geraten. Dabei ist sie nicht selten von zeichnerischer Qualität – auch in der Hoffmann-Illustration. Natürlich gibt es, und dies leider recht häufig, relativ belanglose, flüchtig hingeworfene (Feder-)Zeichnungen, die Seriencharakter haben und wohl Auftragsarbeiten gewesen sind.[4] Hier sind die Vorgaben für den Illustrator strikter und er muss innerhalb eines festgelegten Layouts schöpferische Fähigkeiten entwickeln. Sicher nicht immer einfach. Aber diese Form der Illustration ist seltener geworden. Die Maßstäbe sind inzwischen andere. Selbst bei Taschenbuchverlagen, wie sich noch zeigen wird. Heute soll besser von einem Dialog zwischen dem Dichter und dem Künstler bzw. Illustrator gesprochen werden, sonst scheint das künstlerische Produkt nichts wert zu sein.
Aber es war eigentlich von Anfang an in der Hoffmann-Illustration eher selten, dass man kaum die Seiten aufzuschlagen vermochte vor Scham, wie es Erhart Kästner 1959 in seinem Aufsatz Illustrieren, was ist das? formulierte.[5] Dass sich Kästner dabei ausgerechnet auf so engagierte Hoffmann-Illustratoren wie Hugo Steiner-Prag bezog, war damals bereits eine unverzeihliche Härte. Heute, also 2017, wäre ein solches Urteil schlichtweg ignorant.
Absichten des Illustrators – Beziehung zu E.T.A. Hoffmann
Assoziative Illustrationen
von deutschen Künstlern:
Ehrt, Rainer
Faust, Steffen
Häfner, Johannes
Klenner-Otto, Stephan
Knobel, Michael
Steiner-Prag, Hugo
von russischen Künstlern:
Botscharov, Nikolaj
Glasunova, Elena
Komarova, Olga
Mistratatova, Ludmila
Scherstianoj, Lev
Stepura, Alina
Unterschiedlich ist auch der Zugriff der Illustratoren. Manche Illustrationen reflektieren einzelne Textstellen und deren Kontext oder größere Textpartien oder sogar ein Werk als Ganzes mit der Darstellung von Schlüsselszenen in einer Komposition. Beliebt ist ferner die freie Assoziation ohne leicht erkennbaren Bezug zum Text. Sie nimmt die Stimmung von Hoffmanns Dichtung auf, lässt einzelne seiner Figuren Revue passieren, betont Phantastisches und lässt irgendwo den Dichter selbst erscheinen, gern als geheimnisvollen Magier oder Humoristen.
Paul Klee hat dieses Verfahren mit seiner Hoffmannesken Märchenszene von 1921 vorgemacht und es blieb den Interpreten überlassen, darin vor allem Anspielungen auf den Goldnen Topf oder wie in neuester Zeit zu Des Vetters Eckfenster zu erkennen. Diese assoziative Illustration findet sich meist bei größeren farbigen Einzelwerken in den Techniken Acryl, Gouache, Aquarell, Radierung und Lithografie.
Titel wie Hoffmanneskes oder E.T.A. Hoffmann und seine Gestalten verweisen auf diese Gestaltungsabsicht und letztlich darauf, dass sich der Künstler persönlich als Rezipient von Hoffmanns Werken einbringt, als fühle er sich ihm wesensverwandt, wie es Hugo Steiner-Prag formulierte: „Wir müssen uns irgendwo begegnet sein“; oder wie der Computergrafiker Johannes Häfner, der seine Mappe mit 53 Grafiken von 1996 bezeichnenderweise betitelte: ICH ETA. Phantasiebilder in E.T.A. Hoffmanns Manier. Bildgeschichte mit 53 Grafiken. Deutlicher kann empfundene Nähe bzw. Übereinstimmung kaum formuliert werden.
Anziehungskraft Hoffmanns auf Illustratoren
Daraus ergibt sich ein ganz besonderes Verhältnis des Künstlers zum Dichter E.T.A. Hoffmann, worauf Michael Knobel 1999 in seinem Essay: Inspiration Hoffmann – aus der Sicht eines Zeichners und Illustrators hingewiesen hat und mit dem er zu erklären versuchte, warum E.T.A. Hoffmann zu den meistillustrierten Autoren der Weltliteratur gehört.
Die Doppeldeutigkeit Hoffmann’ scher Texte, bei denen gedankliche Aussage und Erscheinungsbild … in einer engen Beziehung stünden, … aber nicht identisch seien, mache den Reiz … aus, da sie dem Illustrator jede Möglichkeit zu eigenen Akzentsetzung biete. Da Hoffmann zudem in seiner literarischen Bildlichkeit mehrfach auf christliche und antike Ikonographie zurückgreife, somit es dem Künstler relativ leicht mache, ganze Serien von Zeichnungen anzufertigen, und zudem ständig Künstlerschicksale im Blick gehabt habe, sei es kein Wunder, dass sein Werk Illustratoren magisch anziehe.
Außerdem betrete Hoffmann immer wieder eine Grauzone, in der sich visuelle Eindrücke aus der Außenwelt mit Bildern aus der inneren Vorstellungskraft vermischen, und dem Kunstmaler oder Illustrator sei gerade dieser Zustand in besonderem Maß vertraut. Er wisse aus eigener Erfahrung, daß das menschliche Bewusstsein ein ungeheurer Projektionsapparat sein kann, der mit seinen Eigenschöpfungen in eine ständige Konkurrenz mit der der äußeren Wirklichkeit gerät.[6]
Das E.T.A. Hoffmann-Porträt
Eine spezielle Variante der Auseinandersetzung mit E.T.A. Hoffmann ist das Hoffmann-Porträt. Über 150 Bildnisse konnten bislang erfasst werden[7], aber es gibt sicher noch mehr. So wird der Titelseite von illustrierten Hoffmann-Ausgaben, vor allem französischen oder russischen, meist ein Porträt von der Hand des Illustrators vorangestellt, das Hoffmann direkt oder am Schreibtisch oder mit literarischen Gestalten zeigt. All diese Bildnisse zu erfassen würde zu weit führen. Sie sind jedoch ein nicht unwesentlicher Teil der Rezeptionsgeschichte und verdeutlichen, wie sehr selbst des Romantikers Physiognomie als Ausdruck einer ungewöhnlichen Persönlichkeit die Künstler faszinierte und zur Identifikation anregte. Kaum ein Illustrator hat auf Hoffmann-Bildnisse verzichtet oder Hoffmanns Konterfei nicht mit seinen literarischen Figuren verbunden. Manch ein Künstler kombinierte sogar des Dichters auffälligen Charakterkopf mit eigenen Zügen. Horst Janssen und Stephan Klenner-Otto taten dies z.B. mit lustvoller Selbstironie. Das mag als besonderer Witz erscheinen, kann aber auch auf eine besondere persönliche Nähe zu E.T.A. Hoffmann hindeuten, auf Identifikation mit dessen komplizierter Künstlerexistenz oder als Hommage verstanden werden.
Mehrheitlich sind diese Porträts nach des Dichters Selbstbildnissen entstanden und zeigen seine markante, ungewöhnliche Physiognomie, die er selbst als eher hässlich empfand. Oft wird er selbst gesehen durch die Brille des Karikaturisten. Wie hätte er es wohl aufgenommen, sich derart vervielfältigt zu sehen? Karikiert oder verzerrt unter Alkoholeinfluss im Vervielfältigungsglas, dem Titel einer Ausstellung in Bamberg entsprechend, manchmal grenzwertig idealisiert in der Nachfolge des Porträts von Hensel oder ebenso grenzwertig karikiert nach seinen Selbstbildnissen, nicht selten Identifikationsfigur oder geheimer Doppelgänger wie bei den russischen Illustratoren, allen voran denen aus Kaliningrad. Geschmeichelt wäre Hoffmann sicher nicht gewesen, eher irritiert hätte er dies mit Ironie quittiert. Sein Blick für Realität und Mitmenschen hätte ihn, als Meister der Selbstironie, wahrscheinlich amüsiert den Kopf schütteln lassen.
Hoffmann-Porträts mit Zügen des Künstlers
Eberhardt Brucks, Steffen Faust, Michael Knobel und Rainer Ehrt haben ebenfalls Hoffmann-Porträts geschaffen, die gewisse Züge von ihnen selbst haben. Vielleicht ist dies unabsichtlich geschehen, was nicht selten in der Menschendarstellung von Künstlern zu beobachten ist.
Comic-Adaptionen und Computergrafik
Seit dem 21. Jahrhundert kommt die digitale Bildkunst oder Computergrafik auch in der Hoffmann-Illustration vermehrt zum Zuge. Eingescanntes, Fotografien oder Materialien, wird wie bei einer Collage zusammengefügt und verfremdet, Zitate aus der Kunst- und Architekturgeschichte und der Literatur, z.B. handgeschriebene oder gedruckte Textblöcke, werden integriert. Dabei gelingen ‚Illustrationen‘, die Hoffmanns Erzählstil erstaunlich nahekommen (Johannes Häfner, Walli Bauer, Karin Innerling).
Künstlerisch interessant, wenn auch wegen der Einseitigkeit der Deutung aus literaturwissenschaftlicher Perspektive umstritten, sind die als Comic oder Graphic Novel bzw. Dust Novel erschienenen Illustrationen z.B. zum Sandmann, zum Öden Haus und zum Fräulein von Scuderi von Dino de Battaglia, Alexandra Kardinar und Andrea Grosso Ciponte, alles Arbeiten aus den letzten Jahrzehnten.
Gegenständlichkeit und Abstraktion in der Illustration
Es sind nicht alle Illustrationen gegenständlich, obwohl das naheliegt. Für Wulf Segebrecht ist Illustration zwar dem Wesen nach immer gegenständlich[8], aber es gibt in der Hoffmann-Illustration erstaunlicherweise gelungene, weitgehend abstrakte Kompositionen, wie z.B. die Farblithografie aus dem Jahr 1921 von Paul Klee: Hoffmanneske Märchenszene, die von Gerhard Böhm zum Goldenen Topf (1967), die von Zdenek Seydl zu Die Elixiere des Teufels (1971), von Ulikasten zu einer Grässlich gespenstischen Geschichte (1986), von Gisela Kurkhaus-Müller zum Goldnen Topf (1993), von Xago zu Die Abenteuer der Silvesternacht (1993–93) und zu Klein Zaches genannt Zinnober (2002), von Ulrich Wannhoff zu Heimatochare (2004), von Edgar Oser zu Rat Krespel (2006), von Herwig Zens zu Heimatochare (2006), von Horst Hussel zu Ritter Gluck (2006) sowie von Günter Bucher zum Sandmann (2012).
Selbst die inzwischen berühmten, zu den Höhepunkten der Hoffmann-Illustration zählenden 20 Farblithografien des Amerikaners Jakob Landau von 1969 aus der Mappe Kingdom of Dreams zu einzelnen Erzählungen Hoffmanns, vor allem zu den Lebensansichten des Katers Murr[9], weisen trotz ihrer Zugehörigkeit zur Pop-Art einen hohen Abstraktionsgrad auf. Es bleibt offen, wie man in der Kunst Abstraktion definiert und von gegenständlicher Kunst absetzt. Mit dem frühen Kubismus bei Picasso und Braque z.B. oder auch in der Bauhauskunst sind die Grenzen fließend. Das Gegenständliche verschwindet nie ganz, bleibt als zeichenhaftes Symbol meist vorhanden. Das ist z.B. besonders gut in der Entwicklung Kandinskys nachzuvollziehen.
Das Ölgemälde von Bernhard Schultze
1988 schuf Bernard Schultze (1915–2005), einer der berühmtesten Vertreter der Avantgarde und Nestor der informellen Kunst, ein 2 x 7,80 m messendes, dreiteiliges Ölgemälde auf Leinwand mit dem Titel: E.T.A. Hoffmanns Eskapaden, das von der Kritik einstimmig als Höhepunkt der großen retrospektiven Bonner Ausstellung: Bernard Schultze – Gegenwelten gewertet wurde.[10] Bekannt ist, dass der humanistisch gebildete Künstler sich mit E.T.A. Hoffmann intensiv beschäftigt hat (wie mit Novalis, Hölderlin, Brentano, Sartre, Camus und Kierkegaard), aber dieses großformatige faszinierende Gemälde – das größte, das er jemals geschaffen hat – konkret auf Hoffmanns Werk zu beziehen, ist praktisch nicht möglich. Der abstrahierende informelle Stil erlaubt nur Assoziationen und die Suche nach gegenständlich anmutenden Zeichen. Auf gesichertem Gleis kann sich der Betrachter dabei nicht bewegen. Josef Schreier z.B. vermeinte in seiner Rezension von 1994/5 im Zentrum eine lichtblaue Himmelszone zu erkennen, die von dunklen, drohenden Farbflächen bedrängt wird, dazu links eine Schlange mit aufgerissenem Maul und in der Mitte eine ins Himmelblau greifende, übergroße knochige Hand sowie einen Vogelkopf, dessen Profil E.T.A. Hoffmann ähnlich sei.[11] Man dürfe das Gemälde jedoch nicht programmatisch auf Hoffmann und dessen Werk beziehen und nach konkreten Anhaltspunkten suchen. Man müsse es vielmehr als Zeugnis für ein verwandtes Seinsverständnis lesen.
Es gibt sie also: ästhetisch faszinierende, weitgehend abstrakte Kompositionen in der Hoffmann-Illustration. Sie stellen an den Betrachter und Leser besondere Anforderungen. Er muss assoziieren, sich auf die Suche begeben wie bei Suchbildern und muss Parallelen zum dichterischen Text finden. Oder einfach, wie z.B. bei Schultze, begreifen, dass hier vergleichbare Weltdeutungen und ein ähnliches Seinsverständnis den Ausschlag gegeben haben. Keine einfache Aufgabe und eine Herausforderung.
Karikatur und Stilmittel
Beeindruckt bereits die Zahl der Künstler, die sich illustrativ mit Hoffmanns Werk auseinandersetzten – 620 nach bisherigem Erkenntnisstand –[12], und die Summe ihrer Illustrationen beläuft sich auf mehrere Tausend (!) –, so verblüfft dazu noch die hohe Anzahl der über 150 Hoffmann-Porträts. Karikaturen gehören auch dazu. 2008 widmete Bamberg ihnen eine eigene Ausstellung mit Zeichnungen und Gemälden von Rainer Ehrt, Barbara Henninger, Bubec (Lutz Backes), Thomas Plaßmann, Walter Hanel und Gerhard Glück.
Viele Künstler neigen in der Hoffmann-Illustration zur Karikatur, nicht selten wird Komisches, Groteskes und Widersprüchliches mit Stilmitteln der Karikatur betont. Unnötig zu bemerken, dass Hoffmanns eigene Zeichnungen überwiegend Karikaturen sind. Für die neuere Hoffmann-Illustration gilt dies in besonderem Maße.
Zudem werden gern Stilmittel des Phantastischen Realismus eingesetzt, der sich zweifellos besonders zur Hoffmann-Illustration eignet. Oder Mittel der Postmoderne, ihre Freude an Verzerrung, Ironie und Parodie, ihre Vielschichtigkeit, ihr absoluter Individualismus und ihr Stilpluralismus, der längst die gegenständliche Kunst rehabilitiert hat. Ihre Hoffmann verwandte ‚Intertextualität‘, d.h., die partielle und meist ironische Rekombination vorhandener Stile und Ideen in einer verfremdenden Darstellung oder Collage.
Anmerkungen
[1] Der Name des Verlages ist in Anlehnung an E.T.A. Hoffmanns Gestalt des Einsiedlers Serapion aus den Serapionsbrüder gewählt. Seit 1994 hat der Verlag Einzelwerke Hoffmanns mit Originalgrafiken von Künstlern wie Anke Dziewulski (1994: Klein Zaches genannt Zinnober), Xago (1995: Aus dem Leben eines bekannten Mannes), Michael Knobel (1997: Die Bergwerke zu Falun, 2 x: A u. B), Fritz Fischer (1999: Das Majorat), Steffen Faust (2002: Klein Zaches genannt Zinnober), Rainer Ehrt (2003: Das Fräulein von Scuderi), Stephan Klenner-Otto (2006: Der Sandmann, Rat Krespel) und Horst Hussel (2006: Ritter Gluck) herausgegeben. Jede Ausgabe ist ein Unikat.
[2] Die Frage ist nur, ob Illustration nicht doch immer auch Textdeutung ist, mag sie noch so bescheiden in textbegleitender Funktion (Stil vieler Federzeichnungen) daherkommen. Deckungsgleich mit dem Text kann eine Illustration schon wegen der individuellen Handschrift und Komposition eines jeden Künstlers nie sein. Sie kann den dichterischen Bildern höchstens in dienender Absicht nah sein und ein schnelles Wiedererkennen ermöglichen.
[3] Werke von Martin Schongauer, Albrecht Dürer, Lukas Cranach, Hans Holbein, Peter Vischer, Adam Kraft, Jost Amman, Leonardo da Vinci, Tizian, Raffael, Correggio, Guilio Romana, Benvenuto Cellini, Annibale Carracci, Alessandro Tiarini, Francesco Gessi, Giovanni Lanfranco, Pietro da Cortona, Salvator Rosa, Matteo Preti, Diego Velasquez, Claude Lorrain, Jacques Callot, Pieter Brueghel, David Tenniers, Anthonis van Dyck, Peter Paul Rubens, Rembrandt, Claes Pieterz Berghem, Frans van Mieris, Jacob van Ruisdael, William Hogarth, Pompeo Battoni, Anna Dorothea Therbusch, Daniel Chodowiecki, Philipp Hackert, John Flaxmann, Johann Erdmann Hummel, Bertel Thorvaldsen, Heinrich Reinhold, Peter von Cornelius, Wilhelm Hensel, Karl Wiulhelm Kolbe, Philipp Veit, Carl Friedrich Kretschmann, Daniel Thomas Matuszewski, Ludwig Wolf, Aloys Malinary (s. Elke Riemer: E.T.A. Hoffmann und seine Illustratoren, Hildesheim 1976/78, S. 194 ff.).
[4] Illustrationen z.B. von Ludwig Fahrenkrog, Maximilian Liebenwein, Amandus Goetzell, Walter Wellenstein, Axl Leskoschek, Carl Durban, Werner Bürger, Hermann Ebers, Karl Frenkel, Werner Klemke, Eugen Lewinger, Uschi Müller, Adolf Oehlen, Karl Valentin Orasch, Ernst Rochow-Tietjen und Georg Vontra.
[5] Vgl. Erhart Kästner: Illustrieren, was ist das? In: Philobiblon, 3. Heft, 3. Jg., Hamburg 1959.
[6] Michael Knobel: Inspiration Hoffmann – aus der Sicht eines Zeichners und Illustrators. In: Buchillustration als Kunstform, hrsg. v. Reinhard Heinritz, Peter Lang Verlag, Frankfurt am Main 1999, S. 53-58.
[7] Von der Verfasserin erstellt.
[8] Vgl. Wulf Segebrecht. Unveröffentlichter Vortrag von 1999, gehalten auf einem Symposium in Berlin zu dem Illustrator Fritz Fischer.
[9] 10 Lithos allein zu Kater Murr.. Außerdem Lithografien zu: Die Bergwerke zu Falun, Die Doppeltgänger, Mademoiselle de Scuderi, Ritter Gluck, Rat Krespel, Der goldene Topf, Der Sandmann.
[10] Das Gemälde befindet sich in der Sammlung Ulla und Heiner Pietzsch, Berlin.
[11] Josef Schreier: Ausstellung: Bernard Schultze, Das große Format, Köln 1994/95. In: E.T.A. Hoffmann-Jahrbuch, Bd. 3 1995, S.157 f.
[12] Eine vollständige Liste zu allen Künstlern zu erstellen, die sich bildkünstlerisch mit E.T.A. Hoffmanns Werk auseinandergesetzt haben, erscheint nachgerade als ein vergebliches Unterfangen. Fast täglich sind trotz jahrelanger Recherche in Staatsbibliotheken, in Online-Katalogen, im Internet (Google, Facebook, Pinterest), über Antiquariate und durch Kontakte mit Hoffmann-Sammlern neue Illustrationen zu entdecken. Die Arbeit mit dem Computer ist unverzichtbar geworden. Manchmal bleibt nur noch ein ungläubiges Staunen über das Phänomen unerschöpflicher E.T.A. Hoffmann-Illustration. Bedenkt man noch, dass es vielfach an russischen Kunsthochschulen für Grafik und Buchkunst üblich ist (vor allem in Kaliningrad, Petersburg und Moskau), sich illustrativ mit E.T.A. Hoffmanns Werk auseinanderzusetzten, so wird wohl noch viel zu entdecken sein. Manchmal will es nur der Zufall, dass junge Künstler ihre teils bemerkenswerten Illustrationen selbst über Facebook oder bei Pinterest veröffentlichen – leider meist ohne biografische Angaben.