Neuerscheinung eines Dialogbandes zu Hoffmanns Bamberg-inspirierten Werken

Bamberger Schlagabtausch über E.T.A. Hoffmann in sieben Dialogen

Bamberg, gelegen in der „anmutigsten Gegend“ Deutschlands, inspirierte den vielseitigen Schriftsteller E.T.A. Hoffmann (1776 – 1822) zu einigen seiner berühmtesten Geschichten. In einer höchst amüsanten und kenntnis­reichen Spurensuche spekulieren nicht nur Leute von heute in sieben Dialogen über Hoffmanns kompliziertes Leben und Werk.

„Der war fei gar ned lang am Deader!“, sinnieren Bamberger Gärtner vor dem Museum in der Mittelstraße über den Alltag des Dichters. Andere streiten sich heftig über seine Vorliebe für Viecher. Zwei Studierende wollen ein schauerliches Grusel-Video über seine grotesken Horrorgeschichten drehen. Sogar „Was ist schon normal?“ fragen Wissenschaftler.

„Also des gehd echd ned, des is gelogen!“ Hat die beleidigte Bedienung der Traditionsgaststätte Schlenkerla damit Recht?

Bamberger Schlagabtausch über E.T.A. Hoffmann in sieben Dialogen

Die Autorin Lydia Schieth war stellver­tretende Schulleiterin und Gymnasial­lehrerin in Regensburg, zuvor arbeitete die promovierte Germanistin am Lehrstuhl für Neuere deutsche Literaturwissenschaft der Universität Bamberg. 2012 erschien ihr erster Roman „Auf­geklärt und selbstbewusst“, 2019 ein Band mit Dialogen zu Theodor Fontane „Alltags verlangt man ein bisschen Esprit“. Lydia Schieth ist Mitglied der E.T.A. Hoffmann-Gesellschaft. Sie ist überzeugt: Die fantastische Welt E.T.A. Hoffmanns und Bamberg gehören zusammen.

Das Werk ist demnächst auch bei uns im StabiKat zur Ausleihe verfügbar.

Weitere Informationen

Übergabe Hoffmann-Autograf 23.10.2021, Ursula Jäcker /Koordinatorin des E.T.A. Hoffmann-Archivs), Prof. Eef Overgaauw (Leiter der Handschriftenabteilung), Dr. Dr. Bernd Hesse, Jörg Petzel (Stellvert. Vorsitzender der E.T.A. Hoffmann-Gesellschaft)

„mit leeren Händen mocht ich nun durchaus nicht kommen“

Dauerleihgabe eines Hoffmann-Briefes

Mit leeren Händen kam der Hoffmann-Forscher und Sammler Dr. Dr. Bernd Hesse am 23. Oktober 2021 wahrlich nicht. Er übergab der Staatsbibliothek ein Brief-Autograf E.T.A. Hoffmanns als Dauerleihgabe, das er gerade von einem österreichischen Antiquar erworben hatte.

Der Brief Hoffmanns vom 21. Juli 1816 ist an seinen Verleger Georg Reimer gerichtet; er hat ein Format von 120 x 190 mm, die Schrift ist an zwei Stellen verwischt und das Papier ist leicht vergilbt.

 

Der Text des Briefes lautet:

Brief E.T.A. Hoffmanns an Georg Reimer vom 21. Juli 1816

Ew. WohlGeboren müssen mich mit vollem Recht für den unzuverlässigsten Menschen halten und es drückt mich nicht wenig, daß ich bis jetzt nicht meiner Pflicht nachgekommen bin. Allein Freund Hitzig kann es bezeugen, wie seit drei Monaten ein ungewöhnlicher Andrang von zeitraubender und Geist anstrengender Arbeit es mir unmöglich gemacht hat an etwas anderes zu denken. Von Woche zu Woche hoffte ich die längst im Innern ganz fertige Erzählung: das Sanktus, vollenden und Ew. WohlGeboren persönlich bringen zu können, mit leeren Händen mocht ich nun durchaus nicht kommen und nur dieses ist der Grund warum ich Ew. WohlGeb. nicht meine Aufwartung gemacht habe. — Jetzt kann ich endlich die Akten auf einige Tage bei Seite schieben und werde höchst wahrscheinlich noch in dieser Woche Ew. WohlGeb. die Erzählung bringen.

Recht dringend bitte ich meine freilich arge Verzögerung nicht einer leichtsinnigen Indolenz sondern meinen leidigen Geschäfts Verhältnissen zuzuschreiben und habe die Ehre mit ausgezeichneter Hochachtung zu sein

Ew. WohlGeboren

ganz ergebenster

Hoffmann

Berlin

21 Jul: 1816

 

Hoffmann entschuldigt sich wortreich, dass er die Erzählung Das Sanctus immer noch nicht beendet habe. Eigentlich hatte er die Lieferung seinem Verleger bereits für den Februar in Aussicht gestellt!

Hoffmanns begründet die Verzögerung mit dem „ungewöhnliche[n] Andrang von zeitraubender und Geist anstrengender Arbeit“.  Hoffmann war zum einen im Mai 1816 „Wirkliches Mitglied des Kriminalsenats des Kammergerichts“ geworden, zum anderen schrieb er neben seiner juristischen Arbeit auch noch Kritiken für das Dramaturgische Wochenblatt und an seiner Erzählung Erscheinungen. Diese Arbeitsfülle führte dazu, dass er den Beginn von Das Sanctus erst Anfang September an Reimer schickte – und nicht wie im Brief angekündigt bereits Ende Juli. Publiziert wurde die Geschichte als eine von vier Erzählungen im ersten Teil von Hoffmanns Nachtstücke 1817.

Wenn Sie die Erzählung lesen möchten, dann schauen Sie doch in Hoffmann digital vorbei (Erstausgabe). Wenn Sie erfahren möchten, was Hoffmann sonst an seinen Verleger Georg Reimer schrieb, schmökern Sie in unserem neuen Briefverzeichnis.

Der Brief wird – wie die anderen Autografe Hoffmanns – in der Handschriftenabteilung verwahrt und digitalisiert; das E.T.A. Hoffmann Portal widmet sich der wissenschaftlichen und didaktischen Hoffmann-Arbeit.

 

Call for Papers: Beiträge für das E.T.A. Hoffmann Jahrbuch 30

Für die Ausgabe 30 (2022) des E.T.A. Hoffmann-Jahrbuchs werden Beiträge gesucht.

Das E.T.A. Hoffmann-Jahrbuch bietet ein Forum für die Veröffentlichung von Forschungsergebnissen zum Werk E.T.A. Hoffmanns sowie der Literatur und Kultur der (europäischen) Romantik. Ebenfalls publiziert werden Beiträge zur internationalen Rezeption Hoffmann’scher Texte in der Literatur der Gegenwart, aber auch in anderen Medien wie dem Theater, dem Film oder der Oper bzw. in der Musik im Allgemeinen. Das Jahrbuch erscheint im Auftrag der E.T.A. Hoffmann-Gesellschaft beim Erich Schmidt Verlag Berlin; die Redaktion des Jahrbuchs ist am Lehr­stuhl für Allgemeine Literatur­wissenschaft und Medientheorie an der Universität zu Köln angesiedelt.

Das thematische Feld ist dabei bewusst breit gehalten: Neben editionsphilologischen und literarhistorischen Beiträgen sind ebenso Texte erwünscht, die Hoffmanns literarisches, bildkünstlerisches und kompositorisches Werk auf der Basis aktueller literaturtheo­retischer Strömungen (Animal Studies, Ecocriticism, Gender & Queer Studies, ANT, Material Studies etc.) neu perspektivieren.

Auch (medien-)komparatistische Beiträge sind willkommen, die Hoff­manns Arbei­ten in einen (welt-)literarischen Kontext setzen oder aber aktuelle Adaptionen Hoffmann’scher Texte in anderen Medien (im Theater, in der Oper, als Graphic Novel etc.) analysieren. Gesucht sind Beiträge, die Neues zu viel beforschten Texten zu sagen haben oder auch jene selten von der Forschung behandelten Texte, Zeichnungen und Kompositionen Hoffmanns in den Blick nehmen. Beiträge aus der Musikwissenschaft, der Theater- und Filmwissenschaft oder der Kunstgeschichte sind deshalb ebenfalls willkommen.

Nachwuchswissenschaftler:innen sind explizit zur Einreichung von Beiträgen aufgerufen.

Aufsätze auf Deutsch und Englisch können bis 31. Januar 2022 an Prof. Dr. Claudia Liebrand (c.liebrand@uni-koeln.de) geschickt werden. Die Beiträge werden von den Herausgeber*innen und bei Bedarf durch die Mitglieder des wissenschaftlichen Beirates des Jahrbuchs geprüft. Eine Entscheidung über die Aufnahme erfolgt zeitnah.

 

Neu im Team: Henny Levin (FSJlerin 21/22)

Hallo, mein Name ist Henny Levin. Ich bin momentan 18 Jahre alt und habe diesen Sommer mein Abitur am Rosa-Luxemburg-Gymnasium gemacht. Währenddessen habe ich mich nach einer Beschäftigung umgeschaut, bei welcher ich den Arbeitsalltag erleben und so viele Erfahrungen wie möglich sammeln kann. So stieß ich dann auf das FSJ Kultur an der Staatsbibliothek welches mir nun erlaubt kulturelle Arbeit kennen zu lernen und mich hoffentlich kreativ in das Team des Hoffmann-Portals einzubringen.

Ich begleite nun die Erarbeitung der E.T.A Hoffmann-Ausstellung „Unheimlich Fantastisch – E.T.A. Hoffmann 2022“ und lerne somit die Arbeit die es braucht um Kulturangebote für die Öffentlichkeit zu ermöglichen besonders kennen.

Ich bin sowohl auf inhaltlicher als auch auf organisatorischer Ebene tätig und hoffe das Team mit der Zeit immer umfassender unterstützen zu können.

Virtuelles Forschungsforum 2021

Die E.T.A. Hoffmann-Gesellschaft lädt ein zum virtuellen Forschungsforum, das am 29. Oktober 2021 auf der Plattform Zoom stattfinden soll und sich primär an Nachwuchsforscher:innen richtet.

Um vorherige Anmeldung (info@etahg.de) wird gebeten, um die notwendigen Links und Zugangsinformationen zu erhalten. Die Teilnahme an der Veranstaltung ist kostenfrei.

Poster E.T.A.-Hoffmann-Kolloquium

Programm des Nachwuchskolloquiums als PDF

Die E.T.A.-Hoffmann-Gesellschaft, in Kooperation mit der Staatsbibliothek Bamberg, lädt zu ihrem ersten online Nachwuchskolloquium „Junge E.T.A. Hoffmann-Forschung“ ein. In dieser Online-Veranstaltung werden Master- und Promotionsstudierende ihre Forschungsprojekte zu E.T.A. Hoffmann vorstellen.

14.00 Begrüßung durch die Präsidentin der E.T.A.-Hoffmann-Gesellschaft, Prof. Dr. Bettina Wagner, Staatsbibliothek Bamberg

14.05 Panel I: Schreiben (Moderation: Jonas Meurer, Universität Bamberg)

Maximilian Kloppert (Universität zu Köln, DE), „‘Mit Tinte beflecktes Papier‘. Handschriftlichkeit in den Romanen E.T.A. Hoffmanns.“

Celina Imm (Universität Bremen, DE), „Weibliche Lese- und Schreibszenen im Spiegel von Zeitschriftenliteratur.”

Respondent: Dennis Schäfer, Princeton University, USA

15.05 Pause

15.15 Panel II: Lesen (Moderation: Dr. des Alina Boy, Universität zu Köln)

Lukas Brandl (Universität Wien, AT), „Unbestimmtheit und Konkretisation – Eine lesetheoretische Annäherung an E. T. A. Hoffmanns Der Sandmann.“

Marina Rančić (Universität Split, HR), „Das Unheimliche im 21. Jahrhundert: Die Sandmann-Verfilmung von 2012.“

Irina Sergeeva-Chernykh (Staatliche Universität St. Petersburg, RU), „Die Poetik des Unheimlichen in E.T.A. Hoffmanns Roman Die Elixiere des Teufels im Kontext des psychoanalytischen Diskurses.“

Respondent: Christian Struck, Harvard University, USA

16.45 Pause

17.00 Panel III: Transformieren (Moderation: Katja Holweck, Universität Mannheim)

Jude Daniel Tolo (Universität Jaunde I, CM), „Medienkomparatistik – Die hoffmanneske Phantastik in Literatur und Film : Eine transmediale Untersuchung zu E.T.A. Hoffmanns ‚Der Sandmann‘ und Andreas Dahns ‚Der Sandmann.‘“

Katarzyna Kruszewska (Universität Warschau, PL), „Von der Erzählung zum Libretto. Zur Undine von E.T.A. Hoffmann.“

Respondent: Sebastian Brass, Harvard University, USA

18.00 Schlusswort von Prof. Dr. Claudia Liebrand, Universität zu Köln

Alle Zeiten sind die der Mitteleuropäischen Zeit (MEZ).

Veröffentlichung französischer Analysen von E.T.A. Hoffmanns Fantasiestücken

Neuveröffentlichung „Nouvelles Lectures des Fantasiestücke d’E. T. A. Hoffmann“ (Analysensammlung zu E.T.A. Hoffmanns Fantasiestücken)

Diese Ausgabe präsentiert eine Vielzahl von Analysen der Fantasiestücke Hoffmanns, dessen künstlerisches Schaffen essentieller Bestanteil der literarischen und kulturellen Entwicklung der Europäischen Romantik war. Inbegriffen sind Beiträge sowohl auf Französisch, als auch auf Deutsch.

Die kontinuierliche Hoffmann-Forschung zeigt noch immer, wie erzählerisch Hoffmanns Kunst, sowohl visuell, als auch klanglich, ist und somit eine Vielzahl Musiker:innen und zeitgenössische Grafikdesigner:innen bis heute inspiriert.

Denn schon allein Hoffmanns Literatur ist ein multidimensionales Medium mit Ironie, Witz und Fantasie, das Komik und Groteske weckt und den Akt des künstlerischen Schaffens zu einer lebendigen Energie macht, die der Künstler seinen Leser:innen vermitteln möchte.

Die Herausgeber:innen dieses Bandes möchten den Leser:innen helfen eben diese Energie für sich selbst zu entdecken und sie dazu animieren sich von Hoffmanns Fantasie inspirieren zu lassen.

Herausgeber:innen dieses Bandes sind: Ingrid Lacheny, Dozentin an der Universität von Lorraine (Metz) und Mitglied von CEGIL; Alain Muzelle, emeritierter Professor der Universität Lorraine (Nancy) und Mitglied von CEGIL; René-Marc Pille, Professorin an der Universität Paris 8 und Mitglied von l’UR « Les mondes allemands: histoire des idées et des représentations »; Frédéric Teinturier, Dozent an der Universität von Lorraine (Metz) und Mitglied von CEGIL.

Weitere Informationen finden Sie hier.

In Kürze wird das Werk auch in unserem Bestand vorhanden sein.

Neuerscheinungen der Herausgeber Jörg Petzel und Bernd Hesse

E. T. A. Hoffmann / Jörg Petzel (Hrsg.) / Bernd Hesse (Hrsg.):

Mit dem Kopf im Himmel und Füßen auf der Erde. Texte eines Universalkünstlers

Marix Verlag – 368 Seiten, mit s/w Abbildungen, Klappenbroschur

E.T.A. Hoffmann. Ein Lebensbild in Anekdoten

Eulenspiegel Verlag – 128 Seiten, gebunden

Sowohl ein Lesebuch, eine Werksammlung der Erzählungen, Märchen und Romane Hoffmanns, als auch eine Darstellung seines künstlerischen Schaffens in Anekdotenformat sind nun im Buchhandel erhältlich. Auch in der Staatsbibliothek zu Berlin werden sie bald zur Ausleihe verfügbar sein.

Beide Bände stellen die Vielseitigkeit von Hoffmanns Leben dar, welche sein Privatleben und seine berufliche und künstlerische Beschäftigung gleichermaßen prägte. So wird auch die Werksammlung „Mit dem Kopf im Himmel und Füßen auf der Erde, Texte eines Universalkünstlers“ nicht nur von seiner Literatur, sondern auch von seinen Karikaturen gefüllt, die er meist schelmisch unter Briefe zu malen pflegte. (Link zum StaBiKat)

Hingegen beschäftigt sich der Band „E.T.A. Hoffmann, ein Lebensbild in Anekdoten“ mit der Frage: „Wer war dieser einzigartige Dichter E.T.A. Hoffmann?“ und soll den interessierten Leser:innen einen speziellen, so faktentreuen wie amüsanten Blick auf seine Biografie anbieten. (Link zum StaBiKat)

Bernd Hesse/ Jörg Petzel: E.T.A. Hoffmann. Ein Lebensbild in Anekdoten

E.T.A. Hoffmann Lesebuch Prospektankündigung

 

 

 

 

 

 

 

 

 

In einem Video-Interview teilen die beiden Herausgeber ihre Begeisterung für Hoffmann, präsentieren ihre zwei neuen Veröffentlichungen und lesen kurze Ausschnitte daraus vor – was Sie am Freitag, den 8. Oktober im Fritz-Reuter-Museum auch live genießen können.

Jörg Petzel, Diplom-Germanist, Literaturwissenschaftler und Historiker. Mitherausgeber von E.T.A. Hoffmanns Sämtlichen Werken im Deutschen Klassiker Verlag 1985–2004. Seit 2007 Vizepräsident der E.T.A. Hoffmann-Gesellschaft. 2018 erschien sein Frankfurter Buntbuch Teufelspuppen, brennende Perücke, Magnetiseure, Hüpf- und Schwungmeister. E. T. A. Hoffmann in Berlin.

Bernd Hesse, Dr. jur. und Dr. phil, arbeitet als Rechtsanwalt und Autor zahlreicher Kriminalromane. 2009 erschien sein Buch Reflexion und Wirkung der juristischen Tätigkeit im Werk E. T. A. Hoffmanns.

Stolze Herren, skurrile Wesen und düstere Gestalten

Teilnachlass von Hoffmann-Zeichnungen des österreichischen Malers Wolfgang Schaukal erworben

Die Staatsbibliothek konnte in diesem Frühjahr ein Konvolut von 139 fertigen Arbeiten, Entwürfen, Skizzen und Studien Wolfgang Schaukals (geb. 1900 – gest. 1981) zu E.T.A. Hoffmann erwerben. Ermöglicht wurde dieser Ankauf durch die Mittel des Christa Karoli Nachlasses.

Wolfgang Schaukal (1900-1981)

Der Großteil dieser Zeichnungen und Radierungen stammt aus Schaukals früher Schaffensperiode bis 1924. Bereits im Alter von 16 Jahren hatte Wolfgang Schaukal begonnen, sich mit Hoffmanns Werk zeichnerisch auseinanderzusetzen. Diese Arbeiten waren nicht für die Publikation und auch nicht für ein großes Publikum bestimmt: sie sind daher keine Nacherzählungen oder bloße Illustrationen der Handlungen, sondern freie Auseinandersetzungen vor allem mit dem Unheimlichen, dem Geheimnisvollen, dem Skurrilen und dem Phantastischen, aber auch der Zerrissenheit der Protagonisten. Wie Hoffmann selbst setzte Schaukal seine inneren Bilder in äußerst lebendige und anschauliche Zeichnungen um.

Johann Wolfgang Schaukal wurde 1900 in Hranice / Mährisch Weißkirchen geboren. Als Sohn des Schriftstellers Richard von Schaukal, für den E.T.A. Hoffmann eine große Rolle spielte und der zahlreiche Hoffmann-Werke herausgab, kam Wolfgang schon als Kind mit den Werken Hoffmanns in Kontakt. Regelmäßiges Familienritual war zum Beispiel, dass die Werke E.T.A. Hoffmanns (und anderer Dichter) vom Vater vorgelesen wurden. Der Künstler Anton Kolig, mit dem Richard von Schaukal befreundet war, fing die Atmosphäre und das Ambiente dieser Vorleserunden in dem Gemälde „Bildnis der Familie Schaukal“ anschaulich ein. Der Dichter Richard Schaukal sitzt vorlesend in der Bildmitte, Johann Wolfgang, damals 11 Jahre alt, steht gespannt lauschend hinter ihm. Richards Ehefrau Fanny und die beiden jüngeren Kinder sitzen am Tisch. Unbekannt ist leider, ob es sich bei diesem Text um eine Hoffmann-Erzählung handelt.

Bei Anton Kolig (1886 – 1950), einem der wichtigsten österreichischen spätexpressionistischen Künstler des 20. Jahrhunderts, war Johann Wolfgang Schaukal auch – während seiner Zeit als Student der Chemie an der Universität Wien – einige Jahre Schüler. Obwohl Schaukal diese Zeit bei Kolig im Nachhinein als „nicht als besonders glücklich“ bezeichnete, beeinflusste ihn dieser Künstler sehr.

Neben dem Unterricht bei Anton Kolig besuchte Schaukal in den Jahren 1921 und 1922 zweimal die Königliche Kunstakademie in Stockholm, zudem belegte er Kurse in Radierung und Lithographie an der Graphischen Lehr- und Versuchsanstalt in Wien.
Schaukal war zeit seines Lebens in kunstnahen Bereichen tätig: so arbeitete er zwischen 1928 und 1931 als Theaterzeichner in Wien und Berlin, war als Privatassistent bei Herbert Boeckl an der Akademie der Bildenden Künste in Wien tätig, leitete von 1947 bis 1969 die Grazer Urania und unterrichtete zeitweise Künstlerische Gestaltung an der Technischen Hochschule Graz. Immer pflegte er enge Kontakte zu Künstlervereinigungen wie zum Beispiel der „Grazer Sezession“. Auch wenn es zu seinen Lebzeiten einige Ausstellungsbeteiligungen gab, so tauchten die meisten seiner Arbeiten erst nach seinem Tod 1981 auf, so dass die Vielfalt seines künstlerischen Wirkens (neben Hoffmann illustrierte Schaukal u.a. auch Werke von Stifter, Chamisso, Dickens, Shakespeare, Kleist, Dickens, Nestroy, Mallarmé oder Miguel de Cervantes „Don Quijote“) spät sichtbar wurde und erst dann in Ausstellungen u.a. in Graz und Wien einer breiten Öffentlichkeit präsentiert werden konnte.

Zahlreiche Werke E.T.A. Hoffmanns setzte Schaukal ins Zeichnerische um: so z.B. das Fremde Kind, Signor Formica, Elixiere des Teufels, der Goldene Topf und Don Juan.

Den stolzen Don Juan mit gezogenem Schwert veranschaulicht er genauso eindrücklich wie Klein Zaches‘ skurriles Wesen, den Zwerg Pitichinaccio aus Signor Formica, Meister Floh oder den Sandmann.

Aber auch das Karikaturhafte, das ja auch Hoffmanns zeichnerisches Werk ausmacht, findet sich in Schaukals Arbeiten häufig wieder; wie in dieser Zeichnung zur Erzählung Don Juan, in der sich der „kluge Mann“ und das „Mulatten-Gesicht“ an der Wirtstafel über die Sängerin Donna Anna unterhalten.

 

 

Schaukal hatte einen guten Blick für die Lebendigkeit der Szenen und fing sie in seinen Zeichnungen – wie in dieser Reihe zu Hoffmanns Erzählung „Der Goldene Topf“ – anschaulich ein.

Die große Liebe zu E.T.A. Hoffmann zeigt sich auch in diesem Entwurf für eine Kamin-Kachel. Die Kacheln bemalte Schaukal in den 1950er Jahren selbst und ließ sie in einen großen Kachelofen in seiner Grazer Wohnung einsetzen. Schaukal verewigte Kindheitserlebnisse, seine Familie, seine Tätigkeit in Graz – und auch E.T.A. Hoffmann.

 

 

Die Zeichnungen werden in der Kinder- und Jugendbuchabteilung verwahrt und umfassend erschlossen. Ein ausführlicher Beitrag zu der Erwerbung wird im Bibliotheksmagazin 1/22 erscheinen.

 

Ausstellungen (Auswahl):

1982 Ausstellung Neue Galerie, Graz
1991 Ausstellung Österreichische Galerie, Oberes Belvedere, Wien
2019 Ausstellung Urania, Graz

 

Literatur:

Wolfgang Schaukal : (1900 – 1981) ; Oberes Belvedere, Wien, 18. Jänner bis 24. Februar 1991 / [Hrsg.: Österreichische Galerie Wien. Ausstellung und Katalog: Regine Schmidt und Barbara Schaukal]. Wien : Österr. Galerie, 1991. StabiKat

Wolfgang Schaukal 1900-1981 : Gemälde und Grafiken ; Graz, Neue Galerie, 30.3.-26.4. 1982, Linz, Stadtmuseum-Nordico, 13.5.-13.6. 1982. Graz : Neue Galerie am Landesmuseum Joanneum, 1982. StabiKat

Wolfgang Schaukal 1900-1981 : Frühe Zeichnungen zu E. T. A. Hoffmann, Prosper Mérimée, Stéphane Mallarmé, Adelbert von Chamisso, Miguel de Cervantes u. a. ; Graz, Neue Galerie, 7.10.-8.11.2019. Graz : Urania, 2019. Ausstellungsbegleiter Wolfgang Schaukal, Graz 2019

 

 

 

 

Eduard Gaertner: Blick von der Straße unter den Linden zum Königlichen Schloss, vor 1832

Literarischer Spaziergang – E. T. A. Hoffmanns Nachtleben

Lektüre der Straßen: Das romantische Berlin 

Eine junge Generation stellte um 1800 in Berlin alle überkommenen Traditionen infrage. „Die Welt muss romantisiert werden“, lautete die Parole der radikalen Avantgarde. Die junge Großstadt wurde zum Experimentallabor für eine neue Poesie und eine Vermischung von Kunst und Leben, für entfesselte Sexualität und die Befreiung aus einer zu engen Vernunft. Fünf verschiedene literarische Spaziergänge mit dem „Berlinologen“ Michael Bienert machen die Stadtmitte auf das romantische Erbe hin lesbar.

Der erste Spaziergang widmet E. T. A. Hoffmanns Nachtleben, denn als schillernde Erscheinung des Berliner Nachtlebens war Hoffmann schon zu Lebzeiten legendär. Um den Gendarmenmarkt hatte der Erzähler und Komponist, aufrechte Jurist und witzige Karikaturist seinen Lebensmittelpunkt.

 

Termine: Fr., 27. 8. 2021, 19 Uhr / So., 3. 10. 2021, 14 Uhr

Treffpunkt: Staatsbibliothek, Unter den Linden 8, 10117 Berlin

Teilnahme kostenlos

Voranmeldung per E-Mail erforderlich: draussen@text-der-stadt.de

 

Weitere Spaziergänge auf den Spuren Heinrich von Heinrich von Kleist, Heinrich Heine, Henriette Herz und Rahel Varnhagen sowie Ludwig Tieck folgen im Herbst. Weitere Informationen dazu finden Sie unter Das romantische Berlin. Lektüre der Straßen. Literarische Spaziergänge (text-der-stadt.de)