Übergabe Hoffmann-Autograf 23.10.2021, Ursula Jäcker /Koordinatorin des E.T.A. Hoffmann-Archivs), Prof. Eef Overgaauw (Leiter der Handschriftenabteilung), Dr. Dr. Bernd Hesse, Jörg Petzel (Stellvert. Vorsitzender der E.T.A. Hoffmann-Gesellschaft)

„mit leeren Händen mocht ich nun durchaus nicht kommen“

Dauerleihgabe eines Hoffmann-Briefes

Mit leeren Händen kam der Hoffmann-Forscher und Sammler Dr. Dr. Bernd Hesse am 23. Oktober 2021 wahrlich nicht. Er übergab der Staatsbibliothek ein Brief-Autograf E.T.A. Hoffmanns als Dauerleihgabe, das er gerade von einem österreichischen Antiquar erworben hatte.

Der Brief Hoffmanns vom 21. Juli 1816 ist an seinen Verleger Georg Reimer gerichtet; er hat ein Format von 120 x 190 mm, die Schrift ist an zwei Stellen verwischt und das Papier ist leicht vergilbt.

 

Der Text des Briefes lautet:

Brief E.T.A. Hoffmanns an Georg Reimer vom 21. Juli 1816

Ew. WohlGeboren müssen mich mit vollem Recht für den unzuverlässigsten Menschen halten und es drückt mich nicht wenig, daß ich bis jetzt nicht meiner Pflicht nachgekommen bin. Allein Freund Hitzig kann es bezeugen, wie seit drei Monaten ein ungewöhnlicher Andrang von zeitraubender und Geist anstrengender Arbeit es mir unmöglich gemacht hat an etwas anderes zu denken. Von Woche zu Woche hoffte ich die längst im Innern ganz fertige Erzählung: das Sanktus, vollenden und Ew. WohlGeboren persönlich bringen zu können, mit leeren Händen mocht ich nun durchaus nicht kommen und nur dieses ist der Grund warum ich Ew. WohlGeb. nicht meine Aufwartung gemacht habe. — Jetzt kann ich endlich die Akten auf einige Tage bei Seite schieben und werde höchst wahrscheinlich noch in dieser Woche Ew. WohlGeb. die Erzählung bringen.

Recht dringend bitte ich meine freilich arge Verzögerung nicht einer leichtsinnigen Indolenz sondern meinen leidigen Geschäfts Verhältnissen zuzuschreiben und habe die Ehre mit ausgezeichneter Hochachtung zu sein

Ew. WohlGeboren

ganz ergebenster

Hoffmann

Berlin

21 Jul: 1816

 

Hoffmann entschuldigt sich wortreich, dass er die Erzählung Das Sanctus immer noch nicht beendet habe. Eigentlich hatte er die Lieferung seinem Verleger bereits für den Februar in Aussicht gestellt!

Hoffmanns begründet die Verzögerung mit dem „ungewöhnliche[n] Andrang von zeitraubender und Geist anstrengender Arbeit“.  Hoffmann war zum einen im Mai 1816 „Wirkliches Mitglied des Kriminalsenats des Kammergerichts“ geworden, zum anderen schrieb er neben seiner juristischen Arbeit auch noch Kritiken für das Dramaturgische Wochenblatt und an seiner Erzählung Erscheinungen. Diese Arbeitsfülle führte dazu, dass er den Beginn von Das Sanctus erst Anfang September an Reimer schickte – und nicht wie im Brief angekündigt bereits Ende Juli. Publiziert wurde die Geschichte als eine von vier Erzählungen im ersten Teil von Hoffmanns Nachtstücke 1817.

Wenn Sie die Erzählung lesen möchten, dann schauen Sie doch in Hoffmann digital vorbei (Erstausgabe). Wenn Sie erfahren möchten, was Hoffmann sonst an seinen Verleger Georg Reimer schrieb, schmökern Sie in unserem neuen Briefverzeichnis.

Der Brief wird – wie die anderen Autografe Hoffmanns – in der Handschriftenabteilung verwahrt und digitalisiert; das E.T.A. Hoffmann Portal widmet sich der wissenschaftlichen und didaktischen Hoffmann-Arbeit.

 

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