Call for Papers: puppen als seelenverwandte – bedeutung der eigenen puppe(n) in biographie und künstlerisch-literarischem werk
von Prof. Dr. Insa Fooken und Dr. Jana Mikota
Der vierte CfP der Zeitschrift denkste: puppe / jut a bit of: doll (de:do) ein multidisziplinäres Online-Journal für Mensch-Puppen-Diskurse (mit Peer-Review), hat den Themenschwerpunkt „Puppen als Seelenverwandte – Bedeutung der eigenen Puppe(n) in Biographie und künstlerisch-literarischem Werk“. Auch unabhängig vom Schwerpunkt können freie wissenschaftliche Beiträge sowie andere Text-Formate zum Schwerpunkt wie Essays, Interviews, Rezensionen etc. zu Mensch-Puppen-Aspekten eingereicht werden. Die ersten drei Ausgaben des Journals behandeln die Schwerpunktthemen „puppen in bedrohungsszenarien“, „puppen als miniaturen“ sowie als Doppelheft „puppen/dolls like mensch – puppen als künstliche menschen“; sie sind auf der Homepage des Journals abrufbar (https://denkste-puppe.info).
Mit dem Fokus auf die Bedeutung der eigenen Puppe(n) in Biographie und künstlerisch-literarischem Werk greift dieser Call ein Thema auf, das von der Forschung bislang kaum oder nur am Rande beachtet wurde: Die Rolle und Funktion, die (eigene) Puppen im Leben von Kunstschaffenden spielen, und der Einfluss solcher Puppen bzw. puppenähnlicher, anthropomorpher Wesen auf das künstlerische und/oder literarische Schaffen. Es geht somit sowohl um die Frage nach der Wirkung früher Puppenerfahrungen im späteren Schaffensprozess als auch um die Frage nach den möglichen (biographischen) Wurzeln und Zusammenhängen von Puppenmotiv und Puppen-Narrativen im künstlerisch-literarischen Werk. Puppen sind kongeniale, aber ambigue Seelenverwandte – ‚so wie‘ Mensch und doch anders. Ihre Affordanz als Übergangsobjekt im Lebensverlauf – als Verlebendigung, Symbolisierung und ‚tote‘ Materialität – ist ein wiederkehrendes Faszinosum zwischen Anfänglichkeit (Natalität) und Endlichkeit (Mortalität). Puppen fordern dazu auf, sich auf sich selbst und offen auf die Welt einzulassen. Puppenaffine Menschen reagieren darauf in zumeist einzigartiger Weise. All das gilt für den Besitz eigener Puppen, für selbst geschaffene genauso wie für zu eigen gemachte Puppen und Puppenwelten, seien sie literarisch, zeichnerisch, filmisch, theatral oder materiell-technisch aufbereitet (z. B. Pinocchio, Sandmännchen, Babar, Barbie, Augsburger Puppenkiste, Sesamstraße). Auch wenn Puppen mit Kindheit – Kindheitserfahrungen und Kindheitsfiktionen – symbolisch aufgeladen sind, reichen sie weit darüber hinaus. Transformiert in die Formen und Inhalte der späteren Werk-Ästhetik und künstlerischliterarischen Praxis stehen sie für Zukunftsentwürfe und Potenzialität, für das, was möglich war, möglich ist und/oder möglich (gewesen) wäre. Diese Zugänge zur Welt können destruktiv und abgründig sein, konstruktiv und integrierend, sie können heilen und retten, aber auch unbestimmt in der ambiguen und liminalen Schwebe eines Dazwischen verbleiben.
Der Call richtet sich an die verschiedensten disziplinären Theorie-, Forschungs- und Praxisfelder. Es geht darum, die oben angestellten Überlegungen als ein Echo eigener Puppenerfahrungen zu verstehen und ihre Auswirkungen in literarischen, künstlerisch-kulturellen, medialen, psychologisch-pädagogischen, aber auch materiell-technischen Zeugnissen und Arbeiten auszuleuchten. Die folgende arbiträre Auflistung deutet ein vielfältiges Spektrum möglicher „Fälle“ und „Puppenspuren“ beispielhaft an. Für den Bereich der Literatur seien genannt: Goethe, E.T.A. Hoffmann, Franz Kafka, Rainer Maria Rilke, Lou Andreas-Salomé, Bruno Schulz, Walter Benjamin, Alice Herdan-Zuckmayer, Kurt Tucholsky, Else Lasker-Schüler, Klaus Mann, Halldór Laxness, aber auch Yoko Tawada, Elena Ferrante und viele mehr, nicht zuletzt in der Kinder- und Jugendliteratur: Tonke Dragt besitzt Puppenhäuser, Tony Schumacher schaffte eine Fülle von Puppenillustrationen, das Umfeld der Augsburger Puppenkiste reicht von Max Kruse bis Thomas Hettche. Aus dem Bereich Kunst und Medien lassen sich nennen: Niki de Saint Phalle, Oskar Kokoschka, James Ensor, Hans Bellmer, Morton Bartlett, Michel Nedjar, Gudrun Brüne, Cindy Sherman, Elena Dorfman, aber auch Marc Hogencamp mit Marwencol. In Robert Zemeckis Filmen tauchen wiederholt Puppen und puppifizierte Objekte auf, Marlene Dietrich hatte ihre Puppen (fast) immer dabei und der deutsche Kosmonaut Sigmund Jähn nahm das Sandmännchen mit ins Weltall.
Die (wissenschaftlichen) Beiträge sollen nicht mehr als 30.000 Zeichen umfassen. Andere Beitragsformen sollen in der Regel kürzer sein (5.000 – 15.000 Zeichen). Das angesprochene Themenspektrum ergibt sich aus den oben genannten Überlegungen. Bei allen Beiträgen soll auf interdisziplinäre Verständlichkeit geachtet werden. Die Texte können auf Deutsch oder Englisch als e-Datei beim Editorial Team (Prof. Dr. Insa Fooken, fooken@psychologie.uni-siegen.de und/oder Dr. Jana Mikota, mikota@germanistik.uni-siegen.de) eingereicht werden. Manuskriptrichtlinien sind auf der Homepage abrufbar. Angebote für einen Beitrag erbitten wir mit einer knappen Skizze (ca. 3.500 Zeichen) und einer Kurz-Vita bis 01. November 2020. Rückmeldungen zur Aufforderung, einen Beitrag einzureichen, erfolgen bis 01. Dezember 2020. Das endgültige Manuskript soll spätestens Mitte März 2021 vorliegen. Der geplante Erscheinungstermin ist Ende September 2021.
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