Aktuelle Perspektiven der Romantikforschung | Theorien, Methoden, Lektüren
Netzwerk für Wissenschaftler*innen in der Qualifikationsphase
Die internationale Romantikforschung floriert: Studien zu den Künsten, Kulturen und Wissenschaften, den Innovationen, Traditionen und Rezeptionen, der Poetik, Ästhetik und Medialität der Romantik haben Konjunktur.[1] Diese fachübergreifende Dynamik lässt sich nicht zuletzt auf den bemerkenswerten Umstand zurückführen, dass die Romantik gleich im doppelten Sinne als aktuell und relevant zu gelten hat. Denn zum einen kann sie als diejenige Epoche betrachtet werden, deren philosophische, künstlerische, wissenschaftliche und soziale Ansätze bis in die Gegenwart fortwirken. Nachverfolgen lässt sich dieses Echo von der experimentellen Erzählliteratur über homöopathische Praktiken bis hin zu liberalen Partnerschaftsentwürfen und medialen Selbstinszenierungsstrategien. Kurzum: Die Romantik hat streng genommen nie aufgehört, Gegenwart mitzugestalten. Zum anderen werden in den romantischen Netzwerken um 1800 diejenigen Wissensformationen und Denkfiguren gebildet, die gegenwärtige Erkenntnisse präfigurieren und reflektieren, wie sich u.a. mit Blick auf die Ökologie- und Biodiversitätsforschung oder die Psychologie und Neurowissenschaften veranschaulichen ließe. Kurzum: Die Romantik hat streng genommen nie aufgehört, Gegenwärtigem vorzugreifen.
Versucht man, gerade hinsichtlich der Romantikforschung im deutschsprachigen Raum, rezente Zugriffe auf und Einsichten über ‚das Romantische‘, ‚die Romantik‘ und ‚die Romantiker*innen‘ zu differenzieren, präsentiert sich ein äußerst heterogenes Bild, das kulturwissenschaftliche und neohermeneutische, modell- und aktualisierungstheoretische, sozialgeschichtliche und dekonstruktivistische, digitalphilologische und textimmanente Interpretationen einschließt. Ein hohes Innovationspotential geht dabei von theoretisch avancierten und historisch versierten Arbeiten aus, die romantische Kunst, Gesellschaft und Wissenschaft neu zu deuten und bislang unbekannte Kontexte auf die Romantik zu beziehen vermögen. Es überrascht wenig, dass solche Beiträge insbesondere von jungen Wissenschaftler*innen vorgelegt werden, die ‚Romantik‘ zunehmend als reizvollen Forschungsgegenstand entdecken.
Genau an diesen Beobachtungen und Befunden möchte das geplante Netzwerk „Aktuelle Perspektiven der Romantikforschung | Theorien, Methoden, Lektüren“ ansetzen, das mit der Professur für Neuere Deutsche Literatur mit dem Schwerpunkt Romantikforschung an der Goethe-Universität verknüpft ist. Es soll Wissenschaftler*innen versammeln, die sich in der in der Qualifikationsphase befinden und Projekte zur Romantik vorbereiten oder ihr einschlägiges Interesse an der Romantikforschung ausweisen können. Im kontinuierlichen Austausch mit etablierten und renommierten internationalen Romantikforschenden liegen den Aktivitäten des Netzwerks drei Zielvorhaben zugrunde: Erstens geht es der Initiative um eine Vernetzung junger Romantikforscher*innen, ihrer Projekte und Erkenntnisinteressen, insbesondere – aber nicht ausschließlich – mit Blick auf den deutschsprachigen Raum. Intendiert wird zweitens eine Differenzierung der theoretischen, methodischen und praktischen Ansätze, die gegenwärtig in der Romantikforschung maßgeblich sind bzw. maßgeblich werden und neue Lektüren der Romantik und des Romantischen ermöglichen. Drittens setzt sich das Netzwerk die Komprimierung dieser Ansätze in einer gemeinsamen Publikation zum Ziel, die das Potential dieser Zugriffe und Interpretationen vorführt und das Profil der aktuellen Romantikforschung schärft. Die Publikation wird in der wissenschaftlichen Buchreihe Neue Romantikforschung veröffentlicht, die in Kürze unter der Herausgabe von Roland Borgards, Frederike Middelhoff und Martina Wernli im Metzler Verlag erscheint.
Um die Mitgliedschaft im Netzwerk „Aktuelle Perspektiven der Romantikforschung | Theorien, Methoden, Lektüren“ können sich Doktorand*innen, Postdocs und Jr.-Professor*innen bewerben, die einen methodisch reflektierten Beitrag zur Romantikforschung leisten wollen und das Erkenntnispotential ihrer Forschung demonstrieren können. Das Netzwerk begreift sich als Begegnungs-, Lern- und Austauschplattform verschiedener Disziplinen und fordert daher Forschende aus dem Bereich der Literatur- und Kulturwissenschaften, der Kunstgeschichte, den Geschichtswissenschaften sowie den Theater-, Film- und Medienwissenschaften zur Bewerbung auf. Relevante Zugriffe können beispielsweise aus den Forschungsbereichen der Medical Humanities, der Environmental Humanities (Ecocriticism/Plant Studies/Animal Studies/Multispecies Studies usw.), der Digital Humanities und anderer rezent wirksam gewordener Forschungsfelder wie u.a. der Intersektionalitätsforschung, den Queer Studies, Postcolonial Studies und Material Studies stammen. Arbeitssprachen des Netzwerks sind Deutsch und Englisch, die Einladung zur Bewerbung richtet sich explizit auch an Romantikforschende, deren Fokus auf den europäischen und außereuropäischen Netzwerken der Romantik oder anderen transnationalen (Rezeptions‑)Phänomenen des Romantischen liegt. Auch Forschende, die nicht in Deutschland ansässig sind, können sich bewerben.
Das Netzwerk ist auf 20 Mitglieder begrenzt und nimmt seine Arbeit im Frühjahr 2021 auf. Es sieht regelmäßige Arbeitstreffen der Mitglieder an der GU Frankfurt sowie gemeinsame Workshops und Symposien mit geladenen Referent*innen für den Zeitraum von knapp 36 Monaten vor. Reise- und Aufenthaltskosten können – vorbehaltlich der Drittmittelförderzusage – übernommen werden.
Ihre Bewerbung sollte drei Teile, zusammengefasst in einem PDF-Dokument enthalten:
- CV (inkl. Verzeichnis von Publikationen, Vorträgen etc.)
- Romantik-Projekt/Forschungsbeitrag zur Romantik, mit dem Sie sich als Mitglied des Netzwerks bewerben und das/den Sie exemplarisch für den Sammelband zur Romantikforschung auszugestalten planen (Abstract des Projekts/Beitrags: max. 1000 Wörter)
- Kurzes Motivationsschreiben für die Teilnahme am und Mitarbeit im Netzwerk (max. 500 Wörter)
Bitte senden Sie Ihre Bewerbung bis zum 31. August 2020 an middelhoff@em.uni-frankfurt.de. Zu- und Absagen werden bis Ende September verschickt. Rückfragen nimmt die Initiatorin des Netzwerks, Frederike Middelhoff (W1-Professur für Neuere Deutsche Literatur mit dem Schwerpunkt Romantikforschung an der GU Frankfurt), unter der genannten Email-Adresse entgegen.
[1] Vgl. allein aus den vergangenen sechs Jahren u.a. die Sammelbände von Agnieszka Gutthy (Hg.): Romantic Weltliteratur of the Western World. New York [u.a.] 2020; Stefan Matuschek/Sandra Kerschbaumer (Hg.): Romantik erkennen – Modelle finden. Paderborn 2019; Serena Baiesi/Stuart Curran (Hg.): Romantic Dialectics: Culture, Gender, Theater. New York [u.a.] 2018; Alessandro Costazza (Hg.): Il romantico nel Classicismo, il classico nel Romanticismo. Milano 2017; Roswitha Burwick/Walter Pape (Hg.): Die alltägliche Romantik. Gewöhnliches und Phantastisches, Lebenswelt und Kunst. Berlin/Boston 2016; Helmut Hühn/Joachim Schiedermair (Hg.): Europäische Romantik. Interdisziplinäre Perspektiven der Forschung. Berlin/New York 2015; Michael Simon (Hg.): Episteme der Romantik. Volkskundliche Erkundungen. Münster 2014.